Die pro-palästinensischen Schmierereien am Landtag, die in der Nacht vor dem „Tag der offenen Tür“ am 14. September angebracht wurden, haben ein Nachspiel. „Wir werden unser Sicherheitskonzept überprüfen und nachbessern“, sagte Landtagsdirektor Udo Winkelmann am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags. Bei der Unterrichtung wurde bekannt, dass die vermummten Täter – es sollen sechs Personen gewesen sein – das Video-Überwachungssystem des Landtags womöglich überlistet haben. So ist dem Sicherheitspersonal die Farb-Attacke erst eine halbe Stunde nach deren Abschluss aufgefallen. Die Polizeistreife, die eine halbe Stunde nach der Tat eintraf, konnte zu dieser Zeit keinen Tatverdächtigen mehr stellen.

Udo Winkelmann (links) und Jens Kozik im Innenausschuss. | Foto: Wallbaum

Aus den Berichten von Winkelmann und Referatsleiter Jens Kozik aus dem Innenministerium geht folgender Ablauf hervor: Um 3.40 Uhr haben sich die Täter dem Landtag genähert und an der Frontseite Parolen „Free Gaza“ und ein Dreieck als Hamas-Sympathiebekundung mit roter Farbe an die Fassade und die Säulen gesprüht. Nach 2 Minuten und 15 Sekunden sei die Aktion beendet gewesen, alle Täter seien weggelaufen. Mehrere der 37 Überwachungskameras am und im Landtag haben den Vorgang gefilmt. Einem der beiden zu dieser Zeit im Landtag diensthabenden Sicherheitskräfte im Landtag, die die Videobilder laufend überprüfen müssen, ist das aber erst um 4.12 Uhr aufgefallen. Winkelmann erklärt das so: Auf einem Bildschirm werden regelmäßig 16 der 37 Kamera-Einstellungen gezeigt. Sobald sich jemand bewegt, wird diese Einstellung in voller Größe gezeigt und die anderen 15 Bilder verschwinden. Nun wird vermutet, dass die Täter sich so verhalten haben, dass sie ständig vor mehreren Kameras hin- und hergegangen sind, um das System auszutricksen und eine Groß-Schaltung zu verhindern. In der Folge blieb es vermutlich bei der Übersicht mit 16 Bildern, auf der die eilig durchgeführte Tat für den Sicherheitsdienst kaum erkennbar war.

Landtag zieht Konsequenzen: Laut Winkelmann wird es künftig nicht mehr reichen, zwei Sicherheitsdienst-Mitarbeiter nachts einzusetzen. „Wir werden das verstärken.“ Die Überwachung solle womöglich durch akustische Signale ergänzt werden. Jens Kozik sagte, die Gefährdungsbewertung des Landtags, die das Landeskriminalamt vornimmt, werde aktualisiert. Stephan Bothe (AfD) meinte, das rote Dreieck sei womöglich nicht nur ein Sympathie-Zeichen für die Hamas, sondern ein Hinweis auf ausgewählte neue Anschlagsorte. Diese Vermutung konnte Kozik nicht bestätigen. Bothe sagte: „Ich frage mich, warum jetzt nach der Aktion nicht ständig ein Polizeistreifenwagen vor der Tür des Landtags steht.“ Michael Lühmann (Grüne) entgegnete: „Wir sollten als Politiker der Polizei keine Ratschläge erteilen.“ André Bock (CDU) sagte, die Sicherheitskontrollen müssten verstärkt werden. Wie Winkelmann auf Rundblick-Anfrage bestätigte, sind bei den Taschenkontrollen zum „Tag der offenen Tür“ auch Messer entdeckt worden, die Besucher in ihren Taschen mit sich geführt hatten.

Mit Laser-Technik soll die rote Farbe beseitigt werden. | Foto: Wallbaum

SPD fordert härtere Strafen: SPD-Landtagsfraktionschef Grant Hendrik Tonne empfiehlt ein stärkeres Sicherheitskonzept. Dazu sollen bessere Einlasskontrollen am Landtag gehören, eine Hausordnung mit Zutrittsverbot für Verfassungsfeinde (etwa in der Mitarbeiterschaft der Fraktionen) und auch rechtliche Konsequenzen auf Bundesebene. So rät Tonne zu einer Bundesratsinitiative, mit der der Paragraph 304 des Strafgesetzbuches konkretisiert wird. Dieser Paragraph stellt Kirchen, Denkmäler und Kunstgegenstände unter besonderen Schutz bei einer Sachbeschädigung. Die Strafen sind dann höher als bei anderen Sachbeschädigungen. Hier sollten auch Landtage und repräsentative Gebäude des Staates in die Liste der Gebäude mit besonderem Schutz aufgeführt werden, meint der SPD-Fraktionschef.

Laser-Technik zur Beseitigung der Schäden: Der Landtag hat jetzt eine Firma beauftragt, die an den Sandstein-Säulen mit Laser-Technik die rote Farbe beseitigen soll. „Wir hoffen, dass dieser Weg kurzfristig zum Erfolg führt“, sagte Winkelmann.