Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat sich sehr beeindruckt gezeigt nach zwei Tagen mit Besuchen auf der Hannover-Messe. „Die globale Konkurrenz schläft nicht. Die USA setzen ihre finanzielle Feuerkraft in Wasserstoff, Wärmepumpen und Windenergieausbau, während China mit verdeckten Subventionen seine Produktion stützt. Europa muss sich in dieser Lage beweisen – und auf der Hannover-Messe spüre ich die Entschlossenheit, die Chancen, das Wissen und das Know-how in diesem Wettbewerb zu nutzen. Damit ist für mich klar: Hannover ist der Ort einer echten Leistungsschau der deutschen Wirtschaft“, sagte Habeck bei einem Besuch bei Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) im Rathaus. Der Bundesminister nutzte die Gelegenheit, auf das auch in der Ampel-Koalition umstrittene Gebäude-Energiegesetz einzugehen. Er rechne im April mit einer Kabinettsentscheidung darüber – also in dieser oder in der kommenden Woche.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay einen Besuch abgestattet. | Foto: Wallbaum
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay einen Besuch abgestattet. | Foto: Wallbaum

Der Entwurf für das Gebäude-Energiegesetz aus Habecks Ministerium sieht vor, dass jede von 2024 an eingebaute Heizungsanlage die Energieversorgung des Gebäudes zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien sicherstellen soll. Auf Nachfragen erklärte Habeck in Hannover, dass zum einen der Einbau einer Wärmepumpe automatisch bedeutet, die geforderten 65 Prozent schon erreicht zu haben – da eine Kilowattstunde Strom für die Wärmepumpe die vierfache Menge an Wärme erzeugen könne. Bei den Alternativen zu fossiler Energie gebe es viele Möglichkeiten, so Biomasse, Abwärme, Solarthermie oder auch Holzpellets.

„Die Kosten sind sehr hoch, das wird derzeit nur unter besonderen Bedingungen eine lohnenswerte Investition sein.“

Robert Habeck

Auch die Wasserstoff-Versorgung spiele eine Rolle, doch er warne hier vor zu viel Euphorie: „Die Kosten sind sehr hoch, das wird derzeit nur unter besonderen Bedingungen eine lohnenswerte Investition sein“, betonte Habeck. Der Minister verwies in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung einer kommunalen Wärmeplanung. Jede Gemeinde oder Stadt müsse ein Konzept entwerfen, wie sie in den kommenden Jahren das Problem lösen wolle. Dabei könne es ein Weg sein, den Aufbau eines Fernwärmenetzes anzustreben. „Wenn es dann die Aussicht auf ein solches Konzept gibt, dann können Hausbesitzer bei einer beschädigten Ölheizung mit Übergangslösungen arbeiten, bis sie auf die neue Energieform umsteigen. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Kommunen einen solchen Plan entwickelt haben“, sagte Habeck.

Minister Habeck lobt Hannovers Umgang mit der Fernwärme

Das Thema Fernwärme hob Onay bei dem Treffen mit Habeck als beispielhaft hervor. Die Landeshauptstadt hat mit den Stadtwerken Enercity vereinbart, immer mehr Haushalte an ein Fernwärmenetz anzuschließen – es sollen in den kommenden Jahren 34.000 Haushalte sein, die Stadt hat zu diesem Zweck auf eine Ausschüttung von Enercity in den Stadtetat verzichtet. In diesem Jahr hat Enercity mit 630 Haushalten neue Fernwärme-Verträge geschlossen, bis Jahresende sollen dann 2000 Haushalte auf diese Weise versorgt werden. Die Wärme soll über verschiedene Wege erzeugt und eingespeist werden – über Abfallverbrennung, Geothermie, Biogas-Anlagen, Industrie-Abwärme, Rechenzentren-Abwärme oder Groß-Wärmepumpen.



Habeck lobte den hannoverschen Weg und erinnerte daran, dass es für derartige Projekte seit einigen Monaten auch eine Bundesförderung seines Ministeriums gebe. Hannover hat diese bisher noch nicht beantragt, doch Onay will zugreifen, wie er sagte: „Wir wollen kein Geld liegen lassen.“ Laut Habeck hat die Verbund-Wärmeversorgung große Vorzüge gegenüber der traditionellen Energieplanung für jeweils einzelne Gebäude: In der Anlage, die ein Quartier beliefert, könnten verschiedene, jeweils kostengünstige Erzeugungsformen genutzt werden, man könne in neue Formen wechseln.

„Wir wollen den Kommunen keinen Weg vorschreiben, sie müssen das schon selbst entscheiden.“

Robert Habeck

Die Aussage, dass sich Fernwärme nur in dichtbesiedelten Großstädten wirklich lohne, stimme nicht. In Dänemark etwa, das in der Siedlungsstruktur der Bundesrepublik ähnele, werde konsequent auf Fernwärme gesetzt, ebenso auf Wärmepumpen. So liege in Dänemark der Anteil fossiler Energien an der Wärmeerzeugung bei 20 Prozent, in Deutschland hingegen noch bei 80 Prozent. Seine Heimatstadt Flensburg, fügte Habeck hinzu, habe vor vielen Jahren auch konsequent auf den Ausbau von Fernwärme gesetzt – und das funktioniere gut. „Wir wollen den Kommunen jedoch keinen Weg vorschreiben, sie müssen das schon selbst entscheiden. Aber die Kommunen müssen eine Planung erstellen, sonst funktioniert es nicht.“