Wie deutlich ist das Jamaika-Nein der Grünen?
Länger als zwei Stunden hat der Parteirat der Grünen, ein 20 Mitglieder starkes Beratungsgremium oberhalb des Landesvorstandes und unterhalb des Parteitages, am Montagabend über die anstehende Regierungsbildung diskutiert. Am Ende kam eine einstimmige Empfehlung an den Landesvorstand heraus: Sondierungsgespräche soll es jetzt erst einmal mit der SPD und mit der FDP geben, nicht aber mit der CDU. Eine definitive Absage an ein „Jamaika-Bündnis“ aus CDU, FDP und Grünen ist dieser Beschluss zwar nicht. Aber die Landesvorsitzende Meta Janssen-Kucz interpretierte die Haltung der Grünen so: „Jamaika steht damit in den Sternen – und sie wissen ja, wo die Sterne sind. Sie sind sehr, sehr weit entfernt.“
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Mit dem Nein der Grünen zu einem „Jamaika-Bündnis“ war im Vorfeld gerechnet worden. Doch dieser Beschluss fällt nun verhaltener aus als viele ihn erwartet hatten. So gibt es kein striktes Nein zu einem möglichen späteren Bündnis mit den Christdemokraten und der FDP. Festgehalten wurde im Parteirat lediglich, dass es im Augenblick „keine Basis und keine Grundlage“ für Gespräche mit dem CDU-Landesvorsitzenden Bernd Althusmann gebe, wie Janssen-Kucz hervorhob. „Der Ball liegt jetzt bei Ministerpräsident Stephan Weil“, fügte der Ko-Landesvorsitzende Stefan Körner hinzu.
Heute Abend treffen sich die Verhandlungskommissionen von SPD und Grünen zu ersten Sondierungsgesprächen, auf Seiten der Grünen sind neben den beiden Landesvorsitzenden die Spitzenkandidaten Anja Piel und Stefan Wenzel dabei, außerdem Agrarminister Christian Meyer und der Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler aus Hannover. Man habe „die größten Schnittmengen“ mit der SPD, betonte Janssen-Kucz, sie erwähnte die soziale Gerechtigkeit, den Klimaschutz, die Agrar- und Verbraucherschutzpolitik. Dass die FDP aber ein Zusammengehen mit SPD und Grünen wiederholt ausgeschlossen habe und die Grünen nun mit ihrem vorläufigen Nein zum „Jamaika-Bündnis“ die CDU in die Arme der SPD treiben könnten, kommentierte die Landesvorsitzende nicht. „Es geht hier nicht um eine mögliche Große Koalition“, sagte sie, „sondern um unsere Haltung“.
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Im Vorfeld des Treffens der Grünen hatte es einigen Wirbel um ein Interview von CDU-Fraktionschef Althusmann gegeben, das als versuchter Brückenschlag zu den Grünen interpretiert wird. Darin war Althusmann von seinem im Wahlkampf verkündeten strikten Veto gegenüber einem Agrarminister Christian Meyer abgerückt. Meyer gilt sowohl bei CDU als auch bei FDP als rotes Tuch, beide bisherigen Oppositionsparteien hoffen auf seine Ablösung.
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Es halten sich nun Spekulationen, dass die SPD-Spitze der FDP signalisiert haben könnte, als Gegenleistung für eine Bereitschaft zur Ampel Meyer zu opfern. Wenn das so wäre, würde Althusmanns neue Positionierung ein Signal an die Grünen sein, ihnen bei Personalfragen mehr zugestehen zu wollen als der bisherige Regierungspartner SPD zu tun bereit wäre.
Das Althusmann-Interview verfehlte seine Wirkung nicht, gestern Nachmittag, noch vor Beginn der Parteiratssitzung, äußerte sich Janssen-Kucz in einem NDR-Interview dazu höchst irritiert, warf dem CDU-Chef „Stillosigkeit“ vor und ein „Heranwanzen“. Althusmann habe im Wahlkampf „mit Dreck geworfen“ und komme nun „mit Schmierseife um die Ecke“. Von dieser deutlichen, fast feindseligen Haltung Janssen-Kuczs gegenüber der CDU war am Abend, nach der Parteiratssitzung der Grünen, nichts mehr zu spüren. Hier drückte sich die Vorsitzende sehr viel zurückhaltender aus.