Immer mehr Menschen sind vom schroffen Umgangston in den ehemals sozialen Medien genervt. Ich auch. Und deshalb ziehen sich immer mehr Menschen aus ebendiesen ehemals sozialen Medien zurück. Ich noch nicht so ganz.
In meinem jüngsten Urlaub musste ich aus Platzgründen auf meinem Smartphone aufräumen und habe notgedrungen am Ende auch die Apps von Facebook und Twitter gelöscht. Wie gut das tut! Berufsbedingt muss ich da gelegentlich trotzdem nach dem (oder: nach den) Rechten sehen. Dafür reicht dann aber auch das Dienstgerät.
Wo aber diskutiert man jetzt mit wildfremden Menschen auf sichere Distanz die großen politischen Fragen des Landes? Der Stammtisch ist reichlich ungeeignet. Am Ende sind die Runden meist zu homogen. Und wenn es doch mal kontrovers werden sollte, erzeugt ein Stammtisch keine Armlänge Abstand zu dem Menschen mit der penetrant anderen Meinung.
Eine vermeintlich bessere Variante begegnete mir neulich am Altglas-Container. Mindestens zwei Menschen unterhielten sich dort für alle sichtbar und doch verborgen über den furchtbaren Tod von Lorenz A. Dabei bildeten sie mit nur gut zehn Wörtern die zirkulären Dimensionen der Debatte in einer schlichten Klarheit ab, wie es sie bei Twitter seit dem Ende der 140-Zeichen-Begrenzung nicht mehr gegeben hat.

Ist Vandalismus jetzt besser als Social Media? Eine Antwort darauf gab vielleicht das Amtsgericht Göttingen. An den Toilettenwänden im Oeconomicum ist die politische Schmiererei vermutlich nur geduldet, an den Hauswänden der Universitätsstadt hingegen sogar erlaubt. Zumindest dann, wenn dabei ein Hakenkreuz übermalt wird, das eigentlich vom Hauseigentümer hätte entfernt werden müssen.
Toilettenwände und Altglas-Container sind vor den Rundblick-Schreiberlingen sicher. Unsere Botschaften und Gedanken teilen wir exklusiv hier mit:
Ich wünsche Ihnen einen diskussionsfreudigen Mittwoch!
Ihr Niklas Kleinwächter