31. März 2025 · Bildung

GEW-Pläne für Schulgesetz: Ethik statt Religion, Gesamtkonferenz statt Schulvorstand

Stellen die GEW-Pläne zur Reform des Schulgesetzes vor: Stefan Störmer und Isabel Rojas. | Foto: Kleinwächter

Gerade erst haben sich die evangelischen Kirchen und die katholischen Bistümer in Niedersachsen auf die Form eines neuen konfessionsübergreifenden Religionsunterrichts geeinigt, da will die Lehrergewerkschaft GEW diese Pläne auch schon wieder über den Haufen werfen. Derzeit bereitet Niedersachsens Kultusministerium die Reform des Schulgesetzes vor. Diese Gelegenheit will die GEW nutzen, um die „bekenntnisfreie Schule“ in den Gesetzestext mit hineinschreiben zu lassen. „Wir wollen die Religion nicht aus der Gesellschaft verbannen“, erläutert die stellvertretende Landesvorsitzende Isabel Rojas, „aber wir wollen gesellschaftliche Fragen gemeinsam verhandeln und nicht getrennt.“ Kenntnisse über das kulturelle Herkommen von Religionen blieben wichtig. Abgeschafft werden soll deshalb nicht das Unterrichtsfach an sich, sondern die konfessionelle beziehungsweise kirchliche Ausrichtung. Auf Nachfrage präzisierte Rojas, dass die Gewerkschaft das Berliner-Modell des Ethik-Unterrichts bevorzugt, in den nach Bedarf Repräsentanten von Glaubensgemeinschaften eingeladen werden könnten. Das Hamburger-Modell, bei dem verschiedenste Glaubensgemeinschaften den Religionsunterricht gemeinsam verantworten, will die GEW für Niedersachsen nicht.

Die Lehrergewerkschaft hat dem Kultusministerium noch weitere Anregungen zur Reform des Schulgesetzes mit auf den Weg gegeben:

  • Demokratische Strukturen: Die Gesamtkonferenz soll nach Vorstellung der GEW künftig wieder deutlich gestärkt werden. Seit der Einführung der „eigenverantwortlichen Schulen“ im Jahr 2006 ist das Gremium, dem alle Schulbeschäftigten sowie Eltern- und Schülervertreter angehören, zulasten neuer Entscheidungsstrukturen geschwächt worden. Die Schulleitung hat mit der damaligen Reform weitreichende Zuständigkeiten übertragen bekommen. Wichtige Entscheidungskompetenzen gingen zudem auf ein neues, deutlich schlankeres und paritätisch besetztes Gremium über: den Schulvorstand. Die GEW erkennt seit dieser Reform zwei grobe Fehlentwicklungen: Zum einen werde die Schulleitung mit Verantwortung überfordert, was den Beruf unattraktiver mache. Zum anderen werden wichtige Diskussionen nicht mehr in der angemessenen Breite geführt. Die GEW fordert daher, den Schulvorstand abzuschaffen und der Gesamtkonferenz wieder eine Allzuständigkeit zu verleihen. Im selben Zuge soll auch dieses Gremium paritätisch besetzt werden, Schüler und Eltern sollen also im Vergleich zu früheren Zeiten deutlich mehr Sitze in der Konferenz bekommen. Zudem schlägt die GEW vor, das Gremium solle sich ein eigenes Präsidium wählen – um die Entscheidungsstrukturen zu demokratisieren. Für die Lehrerschaft braucht es aus GEW-Sicht außerdem noch ein gesondertes Forum, um eigene Positionen abzustimmen. Dazu soll ein Lehrer-Ausschuss gebildet werden, der eigentlich eine Vollversammlung ist. All das soll dem größeren Ziel dienen, die Demokratiebildung in der Schule zu stärken. Durch mehr Beteiligung sollen weitreichende Entscheidungen zur Zukunft der Schule von größeren Schichten getragen werden.


  • Umfassende Inklusion: Die Schule soll ein Ort der Vielfalt sein und jeder Schüler ein „Recht auf Antidiskriminierung“ bekommen. Dazu schlägt die GEW vor, den Bildungsauftrag im Gesetz zu erweitern und dabei insbesondere den Inklusions-Begriff weiter zu fassen. Künftig soll darunter nicht nur der sonderpädagogische Bedarf gemeint sein, sondern auch andere Aspekte wie Kultur, Herkunft, Sprache, Sexualität oder Meinungsvielfalt sollen besonders berücksichtigt werden.


  • Abschulungen abschaffen: Der Inklusionsgedanke geht bei der GEW sogar noch weiter. „Jede Schule soll eine inklusive Schule sein“, sagt Rojas und bezieht dies auf die Schullaufbahn. Weil auch jetzt schon an jeder weiterführenden Schulform im Sekundarbereich I alle Abschlüsse gemacht werden können, sieht die Lehrergewerkschaft keinen Grund gegeben, Schüler bei schlechten Leistungen auf eine andere Schulform zu schicken – zumal diese Schulen häufig an ihre Kapazitätsgrenzen kämen. Die GEW will einen Kulturwandel: Können Lehrer leistungsschwache Schüler nicht mehr „abgeben“, müssen sie eine andere Verantwortung für deren schulische Laufbahn übernehmen. „Es müssen nicht alle Abitur machen, aber sie müssen einen Abschluss machen.“ Wie die Schulen mit den unterschiedlichen Leistungsniveaus dann weiter umgehen sollen, kann und will die GEW nicht beantworten.


  • Gymnasien ersetzen: Die GEW fordert, dass eine Gesamtschule künftig auch ein Gymnasium ersetzen können soll. Voraussetzung müsse der Wunsch des Schulträgers sein. Diese hätten zunehmend Schwierigkeiten, die Vielfalt an Schulformen anzubieten. Eltern hätten dann künftig nur noch das Recht, dass ihr Kind ein Abitur erwerben kann – nicht aber das Recht, dass dieses Abitur auch an einem Gymnasium erworben wird.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #062.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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