25. Aug. 2020 · 
Bildung

GEW: In jeder dritten Schule keine ausreichenden Waschbecken

Ein halbes Jahr nach Beginn der Corona-Krise gibt es immer noch in vielen niedersächsischen Schulen Hygienemängel. In einer Umfrage der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Niedersachsen geben 29 Prozent der Lehrkräfte an, es gebe in ihren Schulen nicht genügend Waschbecken, Seife und Einmal-Handtücher. Viel geändert hat sich offenbar nicht, im Mai hatten diese Mängel bereits 31 Prozent der Lehrkräfte beklagt. Die GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth sprach am Dienstag in Hannover von „widrigen Bedingungen“ in den Schulen. „Es ist erschütternd, dass so viele Befragte nach dieser langen Zeit dieses Manko erneut angeben, das kann doch nicht wahr sein“, schimpfte Pooth. Man erwarte von den Schulträgern, den Kommunen,  „einen gewaltigen Schlussspurt“. „Das ist das Mindeste, das man für den Gesundheitsschutz an Schulen zum Zeitpunkt einer Pandemie an den Schulen fordern kann.“ In der Umfrage, an der mehr als 2800 Beschäftigte an Schulen teilgenommen haben - die überwiegende Mehrheit davon Lehrkräfte - wird auch deutlich, dass die Corona-Krise zu einer deutlichen Mehrbelastung des Personals in den Schulen geführt hat, besonders heftig trifft es die Schulleitungen. Sie gehen davon aus, dass sie etwa 50 Prozent mehr arbeiten müssen als vor Corona, allerdings geht es dabei eher um eine gefühlte Mehrbelastung. Wissenschaftlich validieren lässt sich diese Zahl nicht. Trotz all der Schwierigkeiten geben mehr als vier Fünftel der Lehrkräfte immer noch an, den Beruf des Lehrers gerne auszuüben.
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Pooth warnte vor einem „Lehrer-Bashing“. „Lehrer lieben ihren Beruf, sie machen es sich nicht im Home-Office gemütlich“, sagte die GEW-Landesvorsitzende. Die Zahl derjenigen, die von zuhause aus arbeiten, weil sie zur Corona-Risikogruppe gehören, sei gering. In der Umfrage gaben 17 Prozent an, zur Risikogruppe zu gehören. Zwei Drittel davon gingen allerdings  dennoch zur Arbeit in die Schule. Pooth rechnet damit, dass auch zum Schulstart wie vor den Sommerferien etwa sechs Prozent der Lehrer risikobedingt mit einem Attest von zu Hause aus arbeiten werden. Für vollkommen richtig hält sie das politische Ziel, so viel Präsenzunterricht wie möglich stattfinden zu lassen. Der Wissenserwerb geschehe über verbale Interaktion. Es sei eine Illusion zu glauben, die Lehrer könnten bei Schulschließungen den Unterrichtsstoff eins zu eins digital vermitteln. Die digitalen Möglichkeiten seien allenfalls ein Hilfsmittel, um Schüler mit Aufgaben zu versorgen. „Digitale Endgeräte sind nicht das Allheilmittel“, mahnte Pooth. https://www.youtube.com/watch?v=-8jeDFmK16s Die GEW-Chefin zog am Dienstag drei bildungspolitische Lehren aus der Corona-Krise. Zum einen sei wie unter einem Brennglas deutlich geworden, dass in den vergangenen Jahren viel zu wenig investiert worden sei. Es fehle an Ausstattung und Personal. Der GEW zufolge wären in diesem Jahr zum Beispiel 2800 statt der geschehenen 2338 Ausschreibungen für neue Lehrerstellen nötig gewesen. Zum Zweiten sei noch einmal sichtbar geworden, dass kleinere Lerngruppe besser seien. „Mit weniger Schülern in der Klasse klappt das Lernen einfach besser“, meinte Pooth. Und drittens habe man erkennen können, dass der persönliche Austausch in den Schulen das A und O sei. „Das Lernen von zuhause über blinkende Endgeräte funktioniert nur sehr begrenzt“, so das Zwischenfazit der niedersächsischen GEW-Landesvorsitzenden. Einen Tag vor dem Start ins neue Schuljahr hatte sich gestern der Landeselternrat vom Kultusministerium „klare, verbindliche und somit nachvollziehbare Vorgaben für den Schulbetrieb“ gewünscht. Die Regelungen der Sondererlasse seien sehr variabel formuliert, die Ausgestaltung der jeweiligen Szenarien werden zu einem sehr großen Teil in die Eigenverantwortung jeder einzelnen Schule und Schulträger übergeben, kritisierten die Elternvertreter. Es sei zudem „völlig unverständlich, warum die Sommerpause nicht genutzt wurde, um Konzepte und Voraussetzungen digitalen Lernens zu erstellen und voranzutreiben“, hieß es in einer Pressemitteilung. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Julia Hamburg kritisierte, Kultusminister Grant Hendrik Tonne habe die Sommerferien lediglich dazu genutzt, „um Bescheide zu verteilen, nicht aber, um die Digitalisierung aktiv voranzubringen“.  Auch die Ausstattung mit Räumen und Sachmitteln sowie die Zahl der tatsächlich besetzen Stellen für Lehrkräfte sei immer noch ungenügend.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #147.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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