1. Aug. 2016 · Kommentar

Gesetze aus einer anderen Zeit

Darum geht es: Das Kabinett berät heute über die Neufassung des Polizei- und des Versammlungsgesetzes. Dazu ein Kommentar von Klaus Wallbaum. Eine Denkpause täte der niedersächsischen Landesregierung jetzt gut. Denn die beiden Vorschläge zur Änderung des Polizeirechts, die in der heutigen Ministerrunde auf dem Tisch liegen, passen nicht mehr in diese Zeit. Sie weisen in eine völlig falsche Richtung. Die Landesregierung ist dabei, brav die Aufträge aus dem Koalitionsvertrag von 2013 abzuarbeiten. Doch die Welt hat sich inzwischen verändert, die Gefahr von Gewaltaktionen ist gewachsen, die Aggressivität radikaler Gruppen hat zugenommen. Die Polizei ist öfter als bisher zu Höchstleistungen herausgefordert, alle politischen Kräfte denken zurecht über eine personelle Aufstockung der Ordnungshüter nach. Und dann sollen in Niedersachsen die Rechte der Polizei beschnitten werden – und Moscheekontrollen sollen nicht mehr möglich sein? Ein politisches Signal aus Hannover, bei der Verfolgung verdächtiger Islamisten besonders behutsam und zurückhaltend vorzugehen, wäre national wie international fatal. Von der Polizei wird künftig mehr Flexibilität verlangt, außerdem mehr Einsatzbereitschaft. Das müsste mit weniger, nicht mit mehr bürokratischen Hürden einhergehen. Doch die Vorschläge in den Entwürfen des Innenministeriums sind gefüllt mit Auflagen, Einschränkungen, Berichtspflichten. Offenbar misstraut Rot-Grün der Polizei zutiefst. Auch die vorgeschlagene Abschaffung der Bannmeile vor dem Landtag ist verkehrt. Wer will denn ausschließen, dass beispielsweise eine rechtsextreme politische Gruppierung bis vor die Treppenstufen des Landtags ziehen will, um die Abgeordneten vor einer wichtigen Abstimmung einzuschüchtern? Bisher schützt davor wirksam die Bannmeile – und nichts spricht dagegen, an dieser Regel auch künftig festzuhalten.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #133.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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