Gescheitertes Tierwohl-Label stößt in Niedersachsen auf Kritik
Eigentlich hätte die Große Koalition auf Bundesebene sich einigen sollen – doch in dieser Woche nun kam das Aus: Ein Tierwohl-Label, das auf Fleisch- und Schlachterzeugnissen im Handel abgebildet wird, soll es vorerst nicht geben. Damit die Chance, das Thema noch auf den letzten Metern der Regierung aus CDU, CSU und SPD abzuräumen, vertan worden. Nun ist es kein Geheimnis, dass die Diskussionslage geteilt war. Auf Bundesebene machten sich die Sozialdemokraten, ebenso wie die Grünen, für eine verpflichtende Kennzeichnung stark – wohl wissend, dass ein solcher Schritt auch rechtlich nicht unproblematisch ist, denn das EU-Wettbewerbsrecht könnte davon berührt werden.
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Mit Verweis auf eben diese rechtlichen Schwierigkeiten klang bei CDU und CSU in Berlin Skepsis durch. Die Koalition wirkte in dieser Frage zum Schluss wie festgefahren. Dagegen war in Niedersachsen eine größere Einigkeit bemerkbar, denn hier plädierten Vertreter von Sozial- wie Christdemokraten für ein verbindliches, für jedermann verpflichtendes Label. Dieses dürfe nicht nur freiwillig sein, sondern müsse auf klaren, nachprüfbaren und einheitlichen Kriterien beruhen. Anhand der Kennzeichnung auf den Verpackungen könnte der Verbraucher so nachprüfen, wie die Tiere gehalten wurden, welche Transportwege sie hinter sich haben und unter welchen Bedingungen sie geschlachtet wurden.
Miersch: Klöckners Vorlage „absolut ungenügend“
Mit ihrer Einigkeit für eine verpflichtende Kennzeichnung sind die Koalitionäre in Niedersachsen schon vor Monaten aufgetreten – wohl in der Hoffnung, das könnte die Gespräche auf der Bundesebene beschleunigen. Doch der Erfolg blieb nun aus. In dieser Woche musste Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) einräumen, in der Frage nicht weiter gekommen zu sein. Die Grünen nutzten diese Entwicklung, der christdemokratische Ministerin fehlende Ernsthaftigkeit in der Frage zu unterstellen. Sie habe nie wirklich vorgehabt, für mehr Tierschutz zu sorgen, rügte der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck und betonte, das schade nun auch den Bauern, die auf mehr Planungssicherheit gehofft hatten.
Auf Bundesebene gab es zwischen SPD und CDU noch einen Streit darüber, wer denn nun Schuld sei am Nicht-Zustandekommen einer Regelung. Klöckner teilte mit, ihr Ressort habe „die Hausaufgaben gemacht“. Allerdings sah ihr Entwurf am Ende eben doch erst eine freiwillige Kennzeichnung vor. Dies ging der SPD nicht weit genug. Ihr Umweltexperte Matthias Miersch, Chef des SPD-Bezirks Hannover, nannte die Vorlage aus dem Klöckner-Ressort „absolut ungenügend“, man habe dem nicht zustimmen können. Die vom früheren Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert geleitete Kommission habe für den Schritt bisher keine ausreichenden Vorarbeiten geleistet, das Agrarministerium habe Borchert und seine Leute nicht ausreichend unterstützt. Für Klöckner sind die SPD-Argumente vorgeschoben, die Sozialdemokraten hätten Klöckner den Erfolg nicht gegönnt.
CDU-Agrarpolitiker Damman-Tamke zeigt sich enttäuscht
Auf Landesebene waren die Stellungnahmen in dieser Woche nur auf der Seite der SPD entsprechend scharf. Die SPD-Agrarexpertin Karin Logemann erklärte, die von Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner vorgelegte Vorlage sei „leider ungeeignet“. Die Bewertungskriterien seien „nicht eindeutig genug definiert“, zudem sei die Finanzierung „nach wie vor unklar“. Diskutiert wird seit längerem über eine Tierwohl-Abgabe, die das Fleisch an der Theke zwar verteuern würde, im Ergebnis aber bedeuten würde, dass die Tiere besser gehalten werden. Besonders kritisch, fügte Logemann hinzu, sei die von Klöckner bis zum Schluss verteidigte Freiwilligkeit des Labels. Wie der Bauernverband und auch der Bundesrat schon gefordert hätten, sei eine Verpflichtung zwingend.
Der CDU-Agrarpolitiker Helmut Dammann-Tamke meinte, man hätte die Vorschläge der Borchert-Kommission im ersten Schritt freiwillig umsetzen können – auch dies, sagte er, wäre ein Beitrag zur Planungssicherheit der Landwirte gewesen. So hätte man auch eine EU-konforme Regel erreichen können. Er sei enttäuscht, dass nun eine Chance verpasst worden sei, „über den größten Absatzmarkt in der EU Druck zu EU-weit verbindlichen Tierwohlstandards aufzubauen“.