Gedenkstätte am Bückeberg: Initiatoren enttäuscht über die Zurückhaltung der CDU
Ob das Land Niedersachsen die geplante und vom Kreistag Hameln-Pyrmont beschlossene NS-Gedenkstätte auf dem Bückeberg nahe der Gemeinde Emmerthal bei Hameln finanziell und ideell unterstützt, bleibt nach der jüngsten Sitzung des Landtags-Kultusausschusses noch unklar. Die Abgeordneten vertagten das Thema um zwei Wochen. Zuvor hatten der örtliche Initiator des Projektes, der Historiker Bernhard Gelderblom, und der Leiter der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Jens-Christian Wagner, die Abgeordneten über ihre Pläne und über die Stimmung vor Ort informiert.
Während im Kreis Hameln-Pyrmont die Diskussion über die Gedenkstätte relativ entspannt verläuft, sind in der 10.000-Einwohner-Gemeinde Emmerthal die Gegner sehr aktiv. Sie fordern eine Bürgerbefragung, über deren Zulässigkeit das Land aber noch nicht entschieden hat. Im Kultusausschuss stellte sich der AfD-Vertreter Harm Rykena auf die Seite der Kritiker. Er rügte, dass es bei der Planung der Gedenkstätte zu wenig Transparenz gegeben habe und damit „Widerstand provoziert“ worden sei. Dem widersprach Gelderblom nachdrücklich. Er meinte, seit 20 Jahren einen Dialog mit engagierten Bürgern in Emmerthal zu suchen, hier aber kein Entgegenkommen zu spüren. Er sei im Gegenteil wiederholt beschimpft worden, wenn er sich mit Schulklassen auf den Bückeberg begeben habe. Auch anonyme Drohungen gegen ihn habe es gegeben.
Auf dem Bückeberg hatten die Nazis zwischen 1933 und 1937 alljährlich „Reichserntedankfeiern“ veranstaltet, die in ihrer Art und Wirkung ein zentrales Element für die Stärkung der „Volksgemeinschaft“ wurden. Aus ganz Deutschland wurden bis zu eine Million Menschen herangefahren, die sich auf dem großen Berg dicht an dicht drängten. Im Mittelpunkt stand die Rede von Adolf Hitler, der auf einer Tribüne am Fuße des Berges stand und zu der Masse sprach. Einem Amphitheater aus der Antike glich der Bückeberg, erläuterte Gelderblom, der die Geschichte intensiv erforscht hat.
Es sei das Meisterstück von Hitlers späterem Baumeister Albert Speer in dessen jungen Jahren gewesen – und Joseph Goebbels als Propagandaminister habe bei den Festen Regie geführt. Zunächst hätten SS und SA die Masse aufgeheizt, dann habe Hitler einen 800 Meter langen Weg durch die Masse auf die Spitze des Berges und wieder zurück angetreten, dabei hätten die vielen Menschen den „Führer“ berühren dürfen. Aus der Masse heraus habe man später Hitler auf der Rednertribüne kaum erkennen können – und darum sei es auch nicht gegangen. Wichtiger sei gewesen, dass „die Masse sich selbst erkennt“, von der großen Zahl beeindruckt ist und jeder glaubte, Hitler hier ganz nah zu sein. „So wirkte die Propaganda, und ohne den Bückeberg ist etwa Bergen-Belsen gar nicht denkbar“, meinte Wagner. Gedenkstätten, die an NS-Opfer erinnern und die Trauer in den Mittelpunkt stellen, seien viel einfacher durchsetzbar – Gedenkstätten wie der Bückeberg aber würden automatisch viele unangenehme Nachfragen aufwerfen, warum so viele Deutsche der NS-Propaganda erlegen waren. „Vielleicht ist das der Grund für die vehemente und teils extrem aggressive Kritik in Emmerthal“, erklärte der Leiter der Gedenkstättenstiftung.
Das von einem hannoverschen Designer-Büro gestaltete Konzept sieht einige Wege und acht kleine, nicht besonders auffällige Info-Stationen auf dem Berg vor. Dies kostet rund 450.000 Euro, der Bund hat einen Zuschuss von 725.000 Euro in Aussicht gestellt für Parkplätze und Toilettenanlagen, mehrere Stiftungen und die Klosterkammer wollen auch helfen. Der Initiator Gelderblom sieht noch eine Lücke von 200.000 Euro für die Gesamtkosten. Im Kreistag von Hameln-Pyrmont hatte die CDU neben der AfD die Zustimmung zur Gedenkstätte versagt. Gelderblom erklärte im Kultusausschuss: „Es tut mir ungeheuer weh, dass die CDU nicht zu gewinnen ist.“ Christoph Bratmann (SPD), Björn Försterling (FDP) und Julia Hamburg (Grüne) begrüßten die Konzeption ausdrücklich.
Mareike Wulf (CDU) sagte, es gehe „nicht um das Ob, sondern nur um das Wie der Gedenkstätte“, gleichzeitig forderte sie „eine politische Lösung und Akzeptanz vor Ort“. In der Niedersachsen-CDU rühren sich mittlerweile aber auch immer deutlicher die Befürworter des Gelderblom-Konzeptes. So hatte sich Landtagsvizepräsident Bernd Busemann jüngst vehement dafür ausgesprochen, da es sich hier nicht um eine lokale Angelegenheit, sondern um einen historischen Ort von nationaler Bedeutung handele. Ein Konzept zur angemessenen Erinnerung dürfe nicht zerredet werden, mahnte Busemann.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #142.