Eine Altlast aus der Zeit des früheren Landwirtschaftsministers Christian Meyer (Grüne) wurde gestern im Haushaltsausschuss des Landtags ausgebreitet. Es ging um die Folgen der Gebührenpolitik, mit der Futtermittelproduzenten angehalten werden sollen, stärker als bisher auf die Reinheit ihrer Produkte zu achten. Meyer hatte nach seinem Amtsantritt durchgesetzt, dass die Kontrollen der Betriebe beim Landesamt für Verbraucherschutz (Laves) kostenpflichtig werden sollen und mit den dadurch erzielten Gebühreneinnahmen zusätzliches Personal beim Laves für die Lebensmittelüberwachung bezahlt werden kann. 18 neue Stellen wurden seinerzeit geschaffen. Dies war nach verschiedenen Skandalen, etwa wegen Dioxin-Spuren in Hühnereiern, von der damaligen rot-grünen Landesregierung entschieden worden.

Die Gebührenordnung löste jedoch Widerspruch aus, rund 2000 Futtermittelbetriebe reichten Klage ein, eine Entscheidung vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg fiel Ende 2017. Die Richter monierten, dass die Gebührensätze willkürlich gesetzt worden seien und dies dem Grundsatz der Gleichbehandlung widerspreche. Da bisher noch keine neue Verordnung mit einer neuen Preisstaffel in Kraft getreten ist, rechnet Agrar-Staatssekretär Rainer Beckedorf nun mit drastischen Einbrüchen: „Wir werden nur etwa ein Viertel des Betrages erreichen, den wir im Vorjahr noch erwirtschaften konnten.“ So fehlten 2,3 Millionen Euro, von denen man eigentlich ausgegangen war, erklärte Beckedorf im Haushaltsausschuss des Landtags. Gegenwärtig könnten gar keine Gebühren verlangt werden. Hinzu komme noch die Rückzahlung von 7,1 Millionen Euro, zu der das Oberverwaltungsgericht das Land verurteilt hatte. Es handelt sich um von den Firmen zu viel gezahlte Gebühren aus der Zeit zwischen 2014 und 2017. Ergänzt wird der Betrag um eine Million Euro, die an Prozesskosten angefallen sind – und nun vom Laves aufgebracht werden sollen.


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Die alte, von Meyer erlassene Gebührenverordnung sah für eine Vor-Ort-Kontrolle des Laves bei den Futtermittelfirmen einen Pauschalpreis von 510 Euro vor. Für die Entnahme und Untersuchung der Probe mussten noch einmal pauschal 845 Euro angesetzt werden. Das Oberverwaltungsgericht gab den Klägern Recht, die eine Gebührenbemessung nach dem Aufwand verlangten, nicht über eine Pauschale. Die neue Verordnung, die noch nicht erlassen ist, aber im Entwurf bereits mit den Interessenverbänden erörtert wird, sieht nun für eine Vor-Ort-Kontrolle einen Betrag von maximal 500 Euro vor, das entspricht dem achtstündigen Einsatz eines Kontrolleurs. Für die Untersuchung der Probe soll der überprüfte Händler höchstens 200 Euro aufbringen müssen – auch dort ist der genaue Wert vom Aufwand abhängig, den die Untersuchung mit sich bringt. Hinzu kommt ein Preis für die Anfahrt des Laves-Kontrolleurs, der bei maximal 72 Euro liegen darf. Die Futtermittelbetriebe können unterschiedlich stark von den Überprüfungen betroffen sein, denn das Land nimmt sich nach Darstellung des Agrarministeriums die auffälligen Firmen öfter vor als diejenigen, bei denen es bisher kaum Grund zu Beanstandungen gab.

In den Landtagsfraktionen herrschen unterschiedliche Auffassungen zu dieser Verordnung vor, auch innerhalb der rot-schwarzen Koalition. Die SPD-Abgeordneten Frank Henning und Tobias Heilmann äußerten Sympathie mit einer „kostendeckenden“ Gebührenregelung – die Kosten eines Prüfer-Arbeitstages könnten auf die Dienstleistung umgelegt werden. Beckedorf äußerte die Befürchtung, dies würde wieder zu sehr hohen Gebühren und entsprechenden neuen Klagen führen. Auf Nachfrage von Bernd Busemann (CDU) räumte das Haushaltsreferatsleiterin Christine Gade vom Agrarressort ein, dass man trotz der erwarteten Rückgänge der Einnahmen bei Futtermittelkontrollen den globalen Gebühren-Etatansatz von 11,45 Millionen Euro werde erreichen können. Stefan Wenzel (Grüne) bat darum, den Sinn der Futtermittelkontrollgebühren (nach verschiedenen Skandalen der Vergangenheit) in der Debatte nicht auszublenden. Christian Grascha (FDP) ließ Zweifel anklingen, ob derart hohe Gebühren überhaupt gerechtfertigt sind. Peer Lilienthal (AfD) warf die Frage auf, ob es überhaupt noch genügend qualifizierte Lebensmittelkontrolleure gibt.