von Heiner Pott
(rb) Mehr Neubau, weniger Regulierung – mit diesen Forderungen bohrt der vdw Niedersachsen Bremen für seine 169 Mitgliedsunternehmen seit Jahren bei Politik und Verwaltung dicke Bretter. Stetes Ziel: die Schaffung von Wohnraum für Haushalte mit geringem Einkommen. Die Reaktionen auf unsere Position fielen oft zögerlich aus. Doch jetzt, mit dem nicht abebbenden Zustrom an Flüchtlingen, erreicht die Diskussion eine neue Dimension. Sämtliche Wohnungsmarktprognosen werden über den Haufen geworfen. Jetzt muss mehr und schneller gebaut werden. Die Botschaft des vdw lautet: Wir wollen und wir können unseren Beitrag leisten – man muss uns nur lassen!
Allein die niedersächsischen Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften im vdw investieren Jahr für Jahr weit mehr als 600 Millionen Euro sowohl in den Erhalt des Bestandes als auch in den Neubau. Dass Haushalte mit kleinem Geldbeutel insbesondere in städtischen Gebieten kaum noch Angebote finden, ist nicht den Wohnungsunternehmen anzukreiden, sondern auf gekürzte Förderungen zurückzuführen. Zeitgleich haben neue Regeln den Neubau seit dem Jahr 2000 um 45 Prozent verteuert; somit ist Bauen mittlerweile nur noch im hochpreisigen Miet- oder Eigentumssegment wirtschaftlich.
Jetzt wird das Ruder herumgerissen. Das Land Niedersachsen hat mit dem 400 Millionen-Euro-Paket eine gute Basis geschaffen. Doch allein mit Geld sind die drängenden Probleme nicht zu lösen. Ganz im Gegenteil: Alles wird verpuffen, wenn sich die Investoren in einem Dickicht aus Vorschriften, Verordnungen und Verfahren verirren. Um Baukosten zu senken und dadurch dauerhaften, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, fordern wir, die Wohnungsversorgung zur Chefsache von Bürgermeistern zu machen.
Es müssen mehr Baugrundstücke verfügbar sein, auf das von den Kommunen praktizierte Höchstpreisverfahren beim Grundstücksverkauf verzichtet, die Bauleitplanung und Genehmigungsverfahren schneller werden. Eine maßvolle Lockerung des Immissions- und des Nachbarrechtes, die Überarbeitung der Baunutzungsverordnung, um bessere Möglichkeiten zur Nachverdichtung und zur Aufstockung von Wohngebäuden zu schaffen, aber auch „Typengenehmigungen“, die standardisiertes Bauen etwa nach dem „Kieler Modell“ ermöglichen, wären hilfreich für die schnelle Schaffung von erschwinglichem Wohnraum.
Gleiches gilt für einen finanziellen Ausgleich der Baukostenerhöhung von etwa sieben Prozent, die sich durch die verschärfte Energieeinsparverordnung 2016 ergeben wird. Zudem sollten die Kommunen auf örtliche Bauvorschriften verzichten, die über die auf Bundesebene geltenden energetischen Vorgaben hinausgehen. Die Lockerung der kommunalen Stellplatzverordnungen, die Gewährung des niedersächsischen Anteils an den zusätzlichen Bundesmitteln von ca. 50 Millionen Euro als Zuschuss statt als Förderdarlehen sowie die steuerliche Förderung von barrierefreien und altengerechten Wohnungen würden sich ebenfalls positiv auswirken. Die richtigen Impulse würde zudem die Erhöhung der Abschreibungsmöglichkeiten im Neubau von zwei auf drei Prozent setzen.
Die Durchmischung der Wohnviertel zur Maxime zu erheben und somit Segregation zu verhindern, ein koordinierendes Quartiersmanagement – all das würde auch helfen, um die soziale Betreuung von Zuwanderern so auszugestalten, dass sie ein Teil unserer Gesellschaft werden können. Politik und Verwaltung sollten allerdings den Eindruck vermeiden, dies alles geschehe nur für die Zuwanderer. Ohnehin droht eine Konkurrenzsituation am unteren Ende des Wohnungsmarkts. Darin steckt erhebliche soziale Brisanz. Unterbringung und Integration sind gleichberechtigte Pflichtaufgaben für den Staat.
(Unser Gastkommentator ist Direktor des vdw, Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Niedersachsen Bremen e.V.)Dieser Artikel erschien in Ausgabe #181.