Fußball: Die Veranstalter müssen zahlen, nicht die Fans
Darum geht es: Das Bremer Oberverwaltungsgericht hat geurteilt, dass die Deutsche Fußballiga (DLF) für die Mehrkosten aufkommen muss, die beim Polizeieinsatz zu einem Hochrisikospiel in Bremen angefallen sind. Sollte das Bundesverwaltungsgericht den Richterspruch bestätigen, könnten alle Bundesländer künftig die Mehrkosten für Polizeieinsätze bei besonders brisanten Spielen der DFL und dem Deutschen Fußballbund (DFB) in Rechnung stellen. Ein Kommentar von Isabel Christian.
Endlich Gerechtigkeit. So dürfte das Urteil aus Bremen bei den Sicherheitsbehörden und den Steuerzahlen angekommen sein. Endlich muss die böse DFL, die die satten Gewinne einstreicht, aber sich sonst aus allen gesellschaftlichen Verpflichtungen herauszuwinden versucht, ihren Anteil leisten. Denn wer die Eintracht Braunschweig an einem Feiertagswochenende gegen Hannover 96 antreten lässt, deren Fans bekanntermaßen nicht gut miteinander können, darf die Konsequenzen nicht auf andere abwälzen können. Das heißt: Wenn die Polizei mit 2000 statt 200 Beamten auflaufen muss, um ein paar Dutzend irre Chaoten davon abzuhalten, sich zu schlagen, darf das nicht nur der Fußballfan bezahlen müssen, der mit seinem Sohn friedlich im Stadion sitzt. Oder gar derjenige, der an Fußball gar kein Interesse hat. Doch das Gerechtigkeitsempfinden trügt. Am Ende werden es doch die friedlichen Fans sein, die für den Einsatz zahlen werden. Nur auf andere Weise.
Wie das funktionieren wird, lässt sich schon jetzt an der Strafpraxis im Fußball erkennen. Vor zwei Jahren warfen Dresdner Ultras vor dem Spiel gegen RB Leipzig den abgetrennten Kopf eines Bullen neben das Spielfeld. Das Sportgericht des Deutschen Fußballbunds (DFB) verurteilte den Club Dynamo Dresden daraufhin zu einer Geldstrafe von 60.000 Euro. Die Schuldigen wurden zwar ausgemacht, doch die Strafe musste letztlich der Club zahlen. Wenn die DFL und der DFB künftig die Mehrkosten bei Hochrisikospielen tragen müssen, so werden sie auch das auf die Vereine umwälzen. Denn immerhin sind es die Vereinsfans, die das hohe Sicherheitsaufkommen erst erforderlich machen.
Die betroffenen Vereine wiederum werden damit vor eine Wahl gestellt. Entweder sie erhöhen die Ticketpreise und riskieren damit, dass sich vor allem Familien und Gelegenheitsfußballfans gegen den Besuch im Stadion entscheiden. Denn den gewaltbereiten Ultras ist kein Weg zu weit und kein Preis zu teuer für ihre liebste Freizeitbeschäftigung. Oder aber die Vereine leisten ihren Beitrag zur Sicherheit aus dem Geld, das für die Talente vorgesehen war. Das wiederum frustriert die Fans und verschärft das finanziell bedingte Ungleichgewicht zwischen den Clubs, das ohnehin schon riesig ist. Wie man es dreht und wendet, die Fans verlieren.
Doch man darf auch nicht zulassen, dass die Fußballverbände nur wirtschaften, aber ansonsten ihre Hände in Unschuld waschen. DFL-Präsident Reinhard Rauball mag recht damit haben, wenn er sagt, der Fußball ist nicht der Verursacher von Gewalt und für die öffentliche Sicherheit ist der Staat verantwortlich. Aber allein dadurch, dass DFL und DFB Fußballspiele ansetzen, in dem Wissen, dass dort Gewaltbereite aufeinandertreffen werden, machen sich die Verbände als Veranstalter mitschuldigt. Jeder, der ein Konzert ausrichtet, oder ein größeres Schützenfest, muss eine Sicherheitsfirma beauftragen, um Randale zu verhindern. Auf eigene Kosten. Die Polizei ist zwar dabei, aber sie ist nicht allein für den Schutz der Besucher zuständig. Warum sollte dann der Fußballverband die Verantwortung für die Sicherheit nahezu komplett abwälzen dürfen?
Sollte das Bundesverwaltungsgericht also die Sicht der Bremer Richter bestätigen, ist die Politik gefragt. Es muss sichergestellt werden, dass DFL und DFB auch selbst zahlen, mit dem Geld, das ihnen die Risikospiele einbringen. Es muss gesetzlich verhindert werden, dass die Verbände die Last auf die Vereine übertragen und damit die Kosten nur umverteilen. Denn sonst wird sich nur für die Fans etwas ändern - und zwar zum Schlechteren.
Mail an die Autorin dieses KommentarsDieser Artikel erschien in Ausgabe #36.