Führende Mitarbeiter verlassen das Haus von Innenminister Pistorius
Die Nachricht kam am Mittwoch wie ein Donnerschlag, niemand hatte damit gerechnet: Der bisherige Leiter der Kommunalabteilung im Innenministerium, Alexander Götz, verlässt Hannover und tritt Anfang 2021 eine neue Stelle an – als Vize-Hauptgeschäftsführer des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU), eines bundesweiten Spitzenverbandes der Kommunal- und Energiewirtschaft. Der VKU hat seinen Sitz in Berlin, Götz lebt mit seiner Frau und drei Kindern im ostfriesischen Neuharlingersiel.
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Gut fünf Jahre lang hatte der promovierte Politologe an der Spitze der Kommunalabteilung im Innenministerium in Hannover gestanden. Zuvor war er vier Jahre lang Geschäftsführer der „Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik“ gewesen – und hatte davor zehn Jahre lang als Politik- und Verwaltungswissenschaftler in der Politikberatung gearbeitet, und zwar für den inzwischen verstorbenen Professor Joachim Jens Hesse, eines Autors mehrerer grundlegender Gutachten zur Verwaltungsreform in Niedersachsen. Damit war Götz ein hervorragender Kenner der niedersächsischen Behördenlandschaft, die er jahrelang auch wissenschaftlich durchdrungen hat. Sein Auftreten ist stets eine Mischung aus förmlicher Zurückhaltung, innerer Ruhe und Klarheit in seinen Gedanken. Spätestens seit der Flüchtlingskrise 2015, als Götz an einer wichtigen Schaltstelle zwischen Landes- und Kommunalplanung wirkte, genießt der 46-Jährige landesweit einen hervorragenden Ruf.
Nachfolgen sind noch ungeklärt
Die Lücke, die Götz reißt, wird nur schwer zu füllen sein. Das gilt zum einen für die direkte Aufgabe als Leiter der Kommunalabteilung, also als Hauptansprechpartner für Bürgermeister und Landräte in schwierigen Situationen. Einer der wenigen, die hier einspringen könnten, ist der gerade erst zum Leiter der Ausländerabteilung aufgestiegene Ingo Marek. Götz hatte aber inoffiziell noch eine andere Rolle, er galt als einer von vier oder fünf politischen Akteuren in Niedersachsen, die sich auch über langfristige Reformkonzepte den Kopf zerbrochen haben. Der Verlauf der Behörden-Überprüfung, die im Koalitionsvertrag versprochen und danach ausgebremst wurde, zeigt hier an, dass derartige Überlegungen gerade nicht gefragt sind. Gleichwohl ist Götz bis heute nie ein kritisches Wort dazu über die Lippen gekommen – er fand im Gegenteil in der Frage der Neuorganisation des Brand- und Katastrophenschutzes ein Ausweichfeld für seinen Aktivitätsdrang.
Nun, zwei Jahre vor der nächsten Landtagswahl, verlässt er das Innenministerium trotzdem, und das ist für Minister Boris Pistorius schon der zweite Verlust in diesem Jahr. Sein langjähriger Büroleiter Thorsten Kornblum hatte im Frühjahr das Angebot einer Abteilungsleitung ausgeschlagen und war als Dezernent in die Braunschweiger Stadtverwaltung gewechselt. Ende 2018 war die bundesweit bekannte Verfassungsschutzpräsidentin Maren Brandenburger nach einem V-Mann-Skandal gegangen. Für keinen Minister ist es gut, wenn sich die Ebene der mittleren Führungskräfte ausdünnt.
Schaffer soll neue Katastrophenschutzbehörde leiten
Kurzfristig steht nun noch eine Veränderung im Innenministerium an, die gestern schon vollzogen worden war. Nach der jüngsten Panne um eine Namensverwechselung bei einer Telefonüberwachung musste Verfassungsschutz-Vizepräsidentin Martina Schaffer die Behörde verlassen. Sie leitet nun vorübergehend in der Kommunalabteilung des Innenministeriums das Referat für kommunale Wirtschaft, soll aber in absehbarer Zeit, vermutlich zum Jahreswechsel, neue Präsidentin der geplanten zentralen Landesbehörde für Katastrophenschutz werden. Dafür müssen Kompetenzen aus den Polizeidirektionen abgezogen und einem neuen Landesamt zugeordnet werden – ein Weg, der gerade von der Feuerwehr stark gefördert und von der Polizei kritisch beäugt worden war.
Die Details müssen in der Koalition aber noch festgezurrt werden. Eigentlich war jemand anders für diese Katastrophenschutzbehörde vorgesehen, nämlich die bisherige Leiterin des Rechtsreferats der Polizeidirektion Osnabrück, Martina Oelkers (52). Die promovierte Juristin, die aus Hildesheim stammt und früher in der Polizeidirektion Göttingen tätig war, kann aber das anvisierte Amt nicht antreten, die Umstände beim Verfassungsschutz zwingen sie, nun dort neue Vizepräsidentin zu werden. Sie leitet künftig zudem das Referat „Recht, Datenschutz und G10“ im Verfassungsschutz – sitzt künftig also an einer zentralen Stelle in dieser Behörde.