Müssen die Kontrollen in Lebensmittelbetrieben stärker vereinheitlicht werden? Nachdem vor ein paar Tagen bekanntgeworden war, dass Produkte des mittlerweile insolventen hessischen Wurst-Fabrikanten Wilke mit Listerien verunreinigt waren, wird über mögliche Konsequenzen diskutiert. Prof. Hubert Meyer, Geschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages (NLT), weist den Vorschlag über eine Zentralisierung der Lebensmittelkontrollen allerdings entschieden zurück. „Es ist eine aberwitzige Vorstellung, dass eine zentrale Behörde in Berlin ausschwärmt und alle Betriebe kontrolliert“, sagte Meyer im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Gerade die dezentrale Organisation habe im Fall Wilke dafür gesorgt, dass das Schadensausmaß so gut bekämpft werden konnte.


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Am Dienstag hatte Clemens Tönnies, Geschäftsführender Gesellschafter eines der größten Fleischfabrikanten in Deutschland, gegenüber der Zeitung „Die Welt“ kritisiert, dass die Vorgaben der kommunalen Behörden nahezu in jedem Landkreis andere seien. Tönnies schlug deshalb eine zentrale Instanz vor, von der die Qualitätsstandards in Zukunft einheitlich geregelt werden sollten. Prof. Meyer sieht in diesen Forderungen allerdings eine „Nebelkerze“, die der Fleischfabrikant zünden wolle, um von der Verantwortung der Betriebe abzulenken. „Nicht die Überwachungsbehörden sind verantwortlich für die Qualität der Produkte, sondern die Hersteller selbst“, sagte er.

Die Dezentralisierung sei „Teil des Systems“, erklärte die stellvertretende Referatsleiterin für Lebensmittelkontrollen im Landesagrarministerium, Ursula Müller. „Wir sind ein föderaler Staat, die Aufgaben sind klar geregelt.“ Auch die Sprecherin des Agrarministeriums bestätigte eine „sehr gute Zusammenarbeit“ zwischen dem Land, dem Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) und den Behörden der Landkreise.

Kontrollen in Niedersachsens sind bereits stark vereinheitlicht

Fleischfabrikant Tönnies stellte derweil am Mittwoch gegenüber dem Politikjournal Rundblick klar: „Die Lebensmittelüberwachung in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und anderen Bundesländern funktioniert erfolgreich, andere Bundesländer können sich hieran orientieren. Dieses Modell sollte bundesweit angewendet werden.“ Die Kontrollen von Lebensmittelbetriebe in Niedersachsen seien bereits sehr stark vereinheitlicht, wie Müller vom Referat für Lebensmittelkontrollen auf Rundblick-Nachfrage erklärte.

Jeder Landkreis überprüfe die Unternehmen nach einem einheitlichen Qualitätsmanagement. Die Kontrolleure suchen die Betriebe stets unangekündigt auf. Zudem rotiere die Zuständigkeit der Kontrolleure, damit keine allzu große Nähe zu den Betreibern entstehen kann. Ein standardisiertes Verfahren zur Risikobewertung gebe vor, wann ein Betrieb kontrolliert werden muss. Gemüsehandel etwa sei als wenig risikobehaftet eingestuft und werde alle drei Jahre kontrolliert, erklärte eine Sprecherin der Region Hannover. Gaststätten hingegen würden alle zwölf Monate, Großküchen halbjährlich aufgesucht. Verarbeitet ein Betrieb Hackfleisch, werde er automatisch höher eingestuft, ergänzt Müller vom Landwirtschaftsministerium. Wenn ein Betrieb zudem bei der letzten Kontrolle aufgefallen sei, würde das Risiko noch höher eingestuft, die nächste Kontrolle kommt dann schneller.

Otte-Kinast regt einheitliche Lieferlisten an

Eine stärkere Vereinheitlichung kann sich Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) hingegen bei den Vorgaben für die Erstellung von Lieferlisten vorstellen. Sie rege an, dass sich die Länder darauf einigen sollten, erklärte sie am Mittwoch in einer Pressemitteilung. „Das würde einen Rückruf in großem Umfang mit vielen Beteiligten – wie jetzt bei Firma Wilke – verwaltungstechnisch einfacher gestalten.“ Zurzeit sei man im Laves damit beschäftigt, die Listen über unterschiedliche Händler zu sichten und nach Dopplungen zu suchen. Die Vizepräsidentin des Laves, Barbara Woltmann, bleibt aber bei ihrer Aussage der vergangenen Tage, dass mehr als 1000 Unternehmen von den mit Listerien befallenen Fleischwaren beliefert worden seien. „Ganz Niedersachsen ist betroffen. Alle Waren, die von Wilke produziert wurden, müssen zurückgenommen werden“, sagte Woltmann. Die Zusammenarbeit mit den Landkreisen laufe aber gut. Diese haben bereits entsprechende Listen mit betroffenen Unternehmen in ihrem Zuständigkeitsbereich erhalten.