30. Mai 2024 · Inneres

Finanzminister hat keine Erinnerung an ein entscheidendes Gespräch mit Weil

Im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur Büroleiter-Affäre von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ist am Donnerstag mehrere Stunden lang Finanzminister Gerald Heere (Grüne) befragt worden. Dabei wurde er von den Abgeordneten mit Hinweisen aus den internen Akten konfrontiert, aus denen die massiven Bedenken seines Ressorts gegen die von der Staatskanzlei betriebene Höherstufung der Büroleiterin hervorgehen.

Gerald Heere (vorne links) wird im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Büroleiter-Affäre befragt. | Foto: Wallbaum

Heere erklärte, von vielen dieser Hinweise nicht oder nur am Rande erfahren zu haben. Der Vorgang der Bezahlung der Büroleiterin, der in das Kapitel „Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes“ falle, sei zwar ein wichtiges Anliegen für ihn. Aber das Thema binde gleichwohl nur einen kleinen Teil seiner Arbeitszeit. Schwerpunktmäßig habe sich seine Staatssekretärin Sabine Tegtmeyer-Dette mit dem Fall beschäftigt. An Ablauf und Inhalt eines entscheidenden Gespräches zwischen dem Ministerpräsidenten und ihm am 25. Juli 2023, das intern als „Wendung“ verstanden wird, hat Heere nach seiner aktuellen Darstellung keine konkrete Erinnerung mehr. Jedenfalls habe er anschließend seine Staatssekretärin gebeten, die bisherige Verwaltungspraxis für die Gewährung von AT-Verträgen zu ändern – ein Schritt, den das bis dahin widerstrebende Fachreferat dann auch umsetzen musste.

In der Befragung spielten vor allem die Vorgänge im Juli 2023 eine wichtige Rolle. Am Rande der Kabinettsklausurtagung am 3. Juli sprachen Heere, Weil, Tegtmeyer-Dette und Staatskanzleichef Jörg Mielke über den Wunsch der Staatskanzlei, die Büroleiterin hochzustufen. Hier habe man sich grundsätzlich verständigen können, meinte der Minister. Denn auch er, Heere, befürworte einen erleichterten Zugang von Seiteneinsteigern zu wichtigen Positionen in der Landesverwaltung.

"Wir hatten eine Interessenkongruenz"

Auf die Frage von Volker Bajus (Grüne), ob der Minister beim Thema der Büroleiterin je Druck von Weil verspürt habe, antwortete Heere: „Es gab eine klare Erwartungshaltung, aber wir hatten eine Interessenkongruenz. Insofern habe ich keinen Druck verspürt, etwas zu machen, was ich nicht hätte machen wollen.“ Der grundsätzliche Weg, hochdotierte Stellen in den Ministerien auch für Quereinsteiger stärker zu öffnen, habe er als Finanzminister auch befürwortet. „Ob andere Druck empfunden haben, kann ich nicht sagen“, fügte Heere hinzu.

Der Minister erklärte, nach dieser Klausurtagung dann am 8. Juli in den Urlaub gefahren zu sein und vorher keine konkreten Schritte für eine Reform der bisherigen Verwaltungspraxis angeordnet zu haben. Dass Mielke dann nach dem Gespräch am 3. Juli ungeduldig wurde, am 13. Juli einen Brief an das Finanzministerium schickte und auch den Ministerpräsidenten einschaltete, habe er, Heere, dann erst nach seinem Urlaub am 20. Juli erfahren. Den Entwurf eines Antwortbriefs seines Fachreferats an Mielke habe er „nicht gekannt“, sagte der Minister als Zeuge zunächst. In diesem Briefentwurf hatte das Fachreferat noch einmal die Ablehnung der Mielke-Forderung formuliert. Als Carina Hermann (CDU) dann Heere vorhielt, dass seine Staatssekretärin in ihrer Aussage kundtat, den Entwurf ihrem Minister gezeigt zu haben, korrigierte Heere seine Angabe: Er könne sich „nicht erinnern, diesen Brief gesehen zu haben“.

Toepffer: "Früheren Finanzministern wäre das nicht passiert"

Der Ausschussvorsitzende Dirk Toepffer bezeichnete das Verhalten von Heere als „merkwürdig“. Der Minister erkläre erst voller Überzeugung, für eine „Modernisierung der Verwaltung“ und die „Attraktivitätssteigerung“ einzutreten. Nach dem Gespräch am 3. Juli über das Thema, das von Seiten der Staatskanzlei vermutlich stark auf die Personalie der Büroleiterin zugeschnitten war, habe Heere dann aber nichts unternommen, die wohlformulierten Ziele in konkrete Anweisungen umzusetzen. „Das wäre früheren Finanzministern so nicht passiert“, sagte Toepffer.

In der Zeugenvernehmung wurde Heere dann noch gefragt, wie er zu der von Staatskanzleichef Jörg Mielke am 21. November entschiedenen Rückwirkung der B2-Vergütung für die Büroleiterin zum 1. August 2023 stehe. Dazu sagte Heere, sein Ministerium sei mit dieser Frage der Rückwirkung „nicht befasst“ gewesen. Er selbst, fügte der Minister hinzu, sei auch kein Jurist und wolle sich einem eigenen Urteil über die Rechtswidrigkeit der Rückwirkung enthalten.

Dieser Artikel erschien am 31.5.2024 in Ausgabe #099.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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