Meistens ist es so, dass man sich für eine Party aufbrezelt und kleine oder größere Unzulänglichkeiten zu verbergen sucht. In der Region Hannover scheint sich nun der umgekehrte Trend zu verbreiten: Auf diese Partys geht man in aller Unvollkommenheit, um sich als Höhepunkt des Nachmittags die Falten wegspritzen zu lassen. Wenn man dort die anderen Gäste mit den gleichen Alterserscheinungen sieht, könnte man sich fragen: „Wem will ich eigentlich etwas vormachen?“ Aber Sie wissen so gut wie ich: So sind Menschen nicht.

Deswegen warnt die Region Hannover vor sogenannten „Botox-Partys“ in privaten Haushalten, in Friseursalons und Kosmetikstudios. In „einigen Kreisen“ seien sie als gesellschaftliches Event in Mode gekommen, teilt die Pressestelle der Region Hannover mit. Hm, ich habe noch keine Einladung bekommen. Ist das jetzt ein gutes oder ein schlechtes Zeichen, zu diesen „Kreisen“ nicht dazuzugehören? Der Trend scheint aus England nach Niedersachsen geschwappt zu sein. Wir waren, glaube ich, noch keine 30 (und das ist eine Weile her!), da eröffnete mir eine anglophile Freundin, dass wir uns in London mit unserem ungebotoxten Stirnrunzeln nicht mehr blicken lassen bräuchten. Wie die Süddeutsche Zeitung neulich berichtete, werden im Vereinigten Königreich jedes Jahr eine Million Injektionen verabreicht. 3000 englische Patientinnen hätten im Jahr 2023 über Komplikationen bei einer Botox-Behandlung geklagt, fast die Hälfte von ihnen zwischen 18 und 25 Jahren.

Erstaunlich, dass in einem Land, das Traditionen so hochhält, selbst wenn sie etwas seltsam wirken, Spuren des Alterns so verpönt sind. In Großbritannien scheint es keine gesetzlichen Regelungen zu geben, wer wo spritzen darf. In Deutschland ist das anders, mahnt die Region Hannover: „Botulinumtoxin ist ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel, das ausschließlich von approbierten Ärzt*innen verabreicht werden darf.“ Falls Sie selbst noch über keine Erfahrung auf diesem Gebiet verfügen, kann ich Ihnen berichten, dass die Prozedur tatsächlich so schnell und schmerzlos geht, dass mancher auf den Gedanken kommen könnte, man müsse dafür nicht sechs Jahre studieren. (Hört man allerdings von Menschen, die nach einem Behandlungsfehler monatelang nicht mehr lächeln können, relativiert sich dieser Eindruck ganz schnell.) Ob der Effekt so lebensverändernd ist, wie der Preis vermuten lässt? Geschmacksache! Auf jeden Fall finde ich es gut, dass zunehmend offener darüber geredet wird – auch außerhalb von irgendwelchen „Kreisen“. Also, statt beim Prosecco die Botox-Spritze zu zücken: Reden wir doch mal darüber, was wir aneinander und am Älterwerden mögen!
Offen geredet wird beim Rundblick generell gerne. Heute haben wir diese Themen für Sie:
Ich wünsche Ihnen einen Dienstag ohne Zornesfalte, aber vielleicht mit dem einen oder anderen Lachfältchen!
Ihre Anne Beelte-Altwig