Die Begriffe „Kehrtwende“ und „Kurswechsel“ lehnen FDP-Fraktionschef Stefan Birkner und sein Finanzexperte Christian Grascha zwar ab. Dennoch bestreiten die beiden eine Neuorientierung ihrer Partei in der Haushalts- und Finanzpolitik nicht. Künftig befürworten auch die Freien Demokraten eine Kreditaufnahme einer landeseigenen Institution, nämlich der N-Bank, für Investitionen in der Infrastruktur. Allerdings dürfe der Empfänger keine Landesorganisation sein, es sollten private oder kommunale Einrichtungen sein.

Damit rückt die FDP teilweise in die Nähe des „Innovationsfonds“, der schon vor Jahren von DGB-Landeschef Mehrdad Payandeh vorgetragen wurde – und dann Unterstützung erst bei den Grünen, dann auch bei der SPD gefunden hatte. Die Kurzformel lautet: Staatliches Geld des Landes wird als Basis genommen für eine Darlehensvergabe, der Nutzen soll die Stärkung von öffentlichen Einrichtungen sein. „Wir finden damit eine Antwort auf die Herausforderung, nämlich den aktuellen Investitionsstau von mehr als zehn Milliarden Euro“, sagte Grascha.
Das FDP-Modell gliedert sich nun in drei Säulen. Erstens solle das Land jährlich 100 Millionen Euro abzweigen für einen „Modernisierungsfonds“, der dann als Basis dient für Investitionen in staatliche Einrichtungen wie Hochschulen, Behördengebäude oder Verkehrswege. Zweitens sollten noch einmal 100 Millionen Euro jährlich ausgegeben werden, womöglich auch jährlich aufwachsend, damit ÖPP-Projekte für die öffentliche Infrastruktur entstehen können – also Kooperationen von staatlichen und privaten Investoren. Das sei möglich bei Hochschulen, Behördenbauten, Straßen und anderen Vorhaben. Bisher lehnt das Finanzministerium ÖPP ab, weil die Landeshaushaltsordnung das Land zur Wirtschaftlichkeit verpflichtet. Da aber rein staatliche Investitionen deshalb günstiger sind, weil der Staat die mit Abstand besten Kreditbedingungen hat, fällt ÖPP in der Bewertung bisher durch. Grascha schlägt nun vor, den Lebenszyklus von Immobilien als Maßstab für die Definition der Wirtschaftlichkeit zu nutzen, darin könnten günstigere Planung, Herstellungs- und Betriebskosten eingerechnet werden. „So gesehen, wäre der Landeshaushaltsordnung Genüge getan“, meint der FDP-Politiker.
Die dritte und entscheidende Säule im FDP-Modell betrifft die N-Bank als Förderinstitut des Landes. Sie solle ihre bisherigen Zuschüsse von 400 Millionen Euro jährlich (Krankenhäuser, Wohnungsbau und Digitales) künftig als Darlehen ausgeben an Kommunen (für Krankenhäuser), für kommunale oder private Wohnungsunternehmen oder auch für die Aufsteller von E-Auto-Ladesäulen. So könne jährlich ein Betrag von einer Milliarde Euro an Krediten ausgegeben werden, die Empfänger müssten diese dann langfristig zurückzahlen. Grascha betont, dass sich dieses Modell ausdrücklich von dem des DGB unterscheidet, da Investitionen von Institutionen des Landes hier ausgenommen seien – dafür nämlich seien bei der FDP-Variante der Modernisierungsfonds und der ÖPP-Fonds vorgesehen. Die N-Bank müsse, bevor sie nach diesen FDP-Vorstellungen agieren könne, gestärkt werden, indem ihrem Eigenkapital etwa der Wohnraumförderfonds zugeordnet wird und die 72-Millionen-Beteiligung des Landes an der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Begleitet wird das neue FDP-Modell auch von ähnlichen Überlegungen der neuen Ampel-Koalition in Berlin. Dort wird geplant, die KfW entsprechend diesen Plänen bundesweit aufzurüsten – und zwar in der Zusammenarbeit mit den Förderbanken der Länder, also auch der N-Bank. Interessanterweise hatte auch CDU-Landeschef Bernd Althusmann erst kürzlich beim CDU-Programmkongress eine Aufrüstung der N-Bank zu einer „echten Förderbank“ gefordert, blieb aber nähere Details noch schuldig. Zumindest im groben Ziel könnte die FDP mit ihrem Weg bei der CDU offene Türen einrennen. Grascha selbst betont aber mehrfach, dass aus seiner Sicht die Unterschiede zum DGB-Modell riesig seien, zumal ÖPP beim DGB „ein Reizwort“ sei.
Grüne bleiben bei „Innovationsfonds“: Die Grünen halten am Modell des „Innovationsfonds“ fest, der auch Kreditaufnahmen für Infrastruktur-Projekte des Landes selbst ermöglichen soll. Der Grünen-Finanzexperte Gerald Heere sagte, man könne für die nächsten beiden Jahre 1,5 Milliarden Euro aus dem Landesetat herausschneiden, diese Summe solle dann als Kapitalstock für den neuen Fonds zur Verfügung stehen. Das sei möglich, wenn man die Notlagen-Kredite im Corona-Sondervermögen beherzt anpacke, während die SPD/CDU-Landesregierung hier – auch mit Rücksicht auf ein entsprechendes Urteil in Hessen - sehr zurückhaltend bleibe. Auch die zusätzlichen Steuereinnahmen in diesem Jahr sollten mittelfristig auf diese Weise genutzt werden, sie werden im April beim Jahresabschluss offiziell festgelegt. Heere hat die Sorge, dass Finanzminister Reinhold Hilbers dieses Geld dann lieber zur Verringerung der Neuverschuldung nutzen will.