Die niedersächsische FDP hat auf ihrem Landesparteitag in Celle mit der Arbeit der Ampel-Regierung in Berlin abgerechnet. Der wiedergewählte Landesvorsitzende Konstantin Kuhle zog eine Zwischenbilanz: „Die Koalition in Berlin wird der wirtschaftlichen Lage nicht gerecht. Die FDP hat Mitverantwortung für diese Lage.“ Die eigenen Anhänger würden diese Situation „kaum noch ertragen können“.

Kuhle, der als innenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion eine der tragenden Figuren der Ampel-Koalition ist, schob noch eine Forderung hinterher: „Oberste Priorität der Politik muss eine Wirtschaftswende sein, und diese muss mehr Wachstum der Wirtschaft ermöglichen.“ Nach Kuhles Vortrag lieferten sich die 280 Delegierten in Celle eine kontroverse Debatte über die Frage, ob der Landesverband eine Doppelspitze einführen sollte. Bei einem Erfolg hätte das bedeutet, dass Kuhle und die bisherige Generalsekretärin Imke Haake (Oldenburg) gleichberechtigte Vorsitzende geworden wären, die bisherige Stellvertreterin Anja Schulz (Celle) wäre zur Generalsekretärin aufgestiegen.

Zwar waren 174 Delegierte für die Reform und 101 dagegen, aber die nötige Zweidrittelmehrheit für die Satzungsänderung wurde verfehlt. Spekuliert worden war, dass die Zielrichtung der Antragsbefürworter war, neben Haake noch Schulz zu stärken, die als neue Generalsekretärin besser zur Verbreitung des FDP-Profils hätte beitragen können. Vehement hatten die früheren Landtagsabgeordneten Jörg Bode (Celle) und Björn Försterling (Wolfenbüttel) gegen die geplante Änderung der Satzung argumentiert.

Sarah Buss aus Aurich stritt dafür. Mehrere andere Satzungsänderungen standen noch zur Debatte, unter anderem eine Erhöhung der Mitglieder-Umlage an den Landesverband von 2,36 auf 3 Euro. Einige Delegierte mahnten zur Sparsamkeit der Partei und erwähnten, dass die FDP ja bei der nächsten Bundestagswahl auch aus dem Bundestag fliegen könne. Man müsse auf noch schlimmere Zeiten vorbereitet sein. Die angepeilte Änderung hatte am Ende Erfolg.

Bei den Vorstandsneuwahlen wurde Kuhle, Jurist aus Göttingen, mit 80,3 Prozent im Amt bestätigt. Erster Stellvertreter bleibt Gero Hocker (Verden) mit 79,1 Prozent, zweite Stellvertreterin Anja Schulz (Celle) mit 70,2 Prozent. Dritter Vize-Vorsitzender ist weiterhin der Europaabgeordnete Jan-Christoph Oetjen (Rotenburg) mit 87,8 Prozent, Generalsekretärin bleibt Imke Haake (Oldenburg) mit 80,9 Prozent. Sie hatte vor zwei Jahren noch 91,2 Prozent bekommen. Als Schatzmeister wurde Christian Grascha (Einbeck) mit 89,7 Prozent bestätigt.

Zum Auftakt des Parteitages hatten mehrere Delegierte mit dem Erscheinungsbild der Partei gehadert. Judith Höfler aus Buchholz (Kreis Harburg) nannte den Landesverband wegen der seit anderthalb Jahren fehlenden Landtagsfraktion „einen zahnlosen Tiger“. Die Motivation der Mitglieder gelinge noch nicht gut genug. Jörg Hille (Nienburg) forderte: „Wir müssen in der Landespolitik stärker unterwegs sein, wir reden zu viel über Bundespolitik.“

Kuhle unterstützte den von der CDU beantragten Landtags-Untersuchungsausschuss zur Büroleiter-Affäre von Stephan Weil, darüber hinaus müsse aber „auch die Moskau-Connection der SPD im Bezirk Hannover“ näher beleuchtet werden. Nadin Zaya (Junge Liberale) meinte, der PUA zur Büroleiter-Affäre müsse „zügig vorankommen“, denn die Menschen hätten „kein Verständnis für diesen Versuch einer Bereicherung“.
