FDP fordert: Krankenpfleger sollen nicht ständig einen Arzt rufen müssen
Die FDP wirbt für Reformen in der Kranken- und Altenpflege. Über eine Bundesratsinitiative solle sich das Land für weitgehende Änderungen einsetzen, fordert die sozialpolitische Sprecherin Sylvia Bruns. Ein Kern des FDP-Forderungskataloges ist der Wunsch, die erst im vergangenen Jahr eingeführte „Pflegekammer“ wieder zu reformieren. Die Kammer habe „keine relevante Aufgabe“, sagt Bruns, doch sie sorge bei den Beschäftigten in der Pflege für Verwirrung, weil sie einen Teil ihres Lohnes für diese Institution aufbringen müssten, obwohl deren Sinn nicht erwiesen sei. Da die Kammer sich lediglich auf Ausbildungsrichtlinien beziehe, aber weder für die Bestimmung des Lohnes, des Personalschlüssels der Betreuung noch für Arbeitszeitregeln ein Mitwirkungsrecht ausüben könne, sorge dieses Modell bei vielen Beschäftigten für Frustration. Die FDP trete dafür ein, die Zwangsmitgliedschaft in dieser neuen Kammer wieder abzuschaffen und stattdessen eine freiwillige Mitgliedschaft zu ermöglichen. Bruns empfiehlt eine Lösung wie in anderen Bundesländern, etwa im Saarland, wo sich alle in der Pflege tätigen Organisationen verbündet hätten und ihre Anliegen gemeinsam vortragen. Eine solche Regelung könne viel effektiver sein. Die FDP-Sozialpolitikerin verknüpft damit den Wunsch, „die Schwarz-Weiß-Malerei“ einzustellen. Gegenwärtig würden von der Landesregierung die frei-gemeinnützigen Träger der Wohlfahrtsorganisationen gegenüber privatwirtschaftlichen Pflegeheimen bevorzugt: „Die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Ich habe private Pflegeeinrichtungen erlebt, die gut waren, und solche mit Verbänden als Träger, die nicht funktionierten – und umgekehrt.“
Nach Darstellung der FDP herrscht die Pflegebranche in Deutschland und damit auch in Niedersachsen unter zu viel Bürokratie und zu wenig Bewerbern für den Pflegeberuf. Die Zahl von 301.000 pflegebedürftigen Menschen in diesem Bundesland werde sich wenigen Jahren – bis 2030 – auf knapp 500.000 erhöhen. Da die Finanzierung der Krankenhäuser über Fallpauschalen laufe, müsse eine solche auch für die Pflege-Arbeit eingeführt werden. Außerdem sei es wichtig, die vielen Dokumentationspflichten, die Pflegedienste zu leisten haben, abzubauen – denn das gehe auf Kosten der Zuwendung für die Menschen und erschwere vielen Diensten die tägliche Arbeit. Kritisch bewertet die FDP-Sozialpolitikerin Bruns außerdem die sogenannte „Fachkraftquote“, wonach mindestens 50 Prozent der Beschäftigten Fachkräfte sein müssen. Dies führe in der Praxis zu absurden Situationen, wenn sich etwa ein Altenheim entschließe, zusätzliche Angebote wie Spiel- oder Leserunden zu starten. Da neue Mitarbeiter für solche Aufgaben nur unter Vertrag genommen werden dürften, wenn wegen drohender Unterschreitung der Quote gleichzeitig eine zusätzliche Fachkraft eingestellt werden muss, verzichteten viele Heime auf die zusätzlichen Angebote – denn ihre Suche nach neuen Fachkräften ende meistens ergebnislos.
Die FDP tritt außerdem dafür ein, den Beruf des Pflegers in besonderer Hinsicht attraktiver zu gestalten. Bisher müsse jeder dort Tätige immer dann, wenn Hilfsmittel verwendet werden müssen, einen Arzt hinzuziehen. Bruns wirbt nun dafür, den Pflegern künftig mehr Freiraum für eigenverantwortliche Entscheidungen zu schaffen. „Viele Menschen in der Pflege hätten gern mehr Selbständigkeit bei ihrer Arbeit. Sie empfinden es als Minderung, wenn sie sich ständig bei einem Arzt rückkoppeln müssen“, erklärt die FDP-Sozialpolitikerin.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #39.