
Die Direktorin der Bundesstiftung Gleichstellung, Lisi Maier, hat auf ein arbeitsmarktpolitisches Vorhaben der Bundesregierung hingewiesen, das die Hauswirtschaftsbranche nachhaltig stärken könnte. Bei der Eröffnung des Hauswirtschaftskongresses in Hannover erklärte die Politikwissenschaftlerin am Montag, dass im Koalitionsvertrag der Ampel vorgesehen sei, künftig haushaltsnahe Dienstleistungen zu fördern. Mit einem Zulagen- oder Gutscheinsystem sollen zunächst Alleinerziehende und Familien mit Kindern sowie mit pflegebedürftigen Angehörigen Haushaltshilfen bezahlen können. Dieser Schritt würde zum einen zu einer gleichberechtigten Arbeitsteilung in Partnerschaften beitragen, weil dadurch die häufig von Frauen geleistete zusätzliche unbezahlte Haus- und Pflegearbeit ausgelagert werden könnte, erklärte Maier. Das Vorhaben habe zum anderen aber auch das Potenzial, zahlreiche neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze im Bereich der Hauswirtschaft und der Pflegearbeit zu schaffen.
Durch die staatliche Förderung, so die Hoffnung, würden mehr Haushaltshilfen ordentlich beschäftigt und die Schwarzarbeit zurückgedrängt. Maier berichtete, dass in Belgien dadurch 145.000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstanden seien und in Frankreich die Schwarzarbeit in diesem Sektor um 30 Prozent zurückgedrängt worden sei. Die Idee sei allerdings nicht neu, erinnerte Maier. Dieselbe Absichtserklärung habe auch schon im vorherigen Koalitionsvertrag gestanden. Doch immerhin habe Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit dem Jahr 2023 nun einen konkreten Startzeitpunkt genannt.
Auf dem zweiten deutschen Hauswirtschaftskongress, der am Montag und Dienstag in Schloss Herrenhausen in Hannover ausgerichtet wird, soll der Frage nachgegangen werden, wie der Berufsstand gestärkt und die Tätigkeit auch für junge Menschen attraktiver gestaltet werden kann. Schirmherrin ist Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU), die selbst gelernte Hauswirtschafterin ist und sich in den vergangenen Jahren sehr für diese Branche eingesetzt hat. Dieses Engagement lobte am Montag die Präsidentin des Deutschen Hauswirtschaftsrates, Sigried Boldajipour, der den Kongress in Hannover veranstaltet. Neben der Einrichtung des „Zentrums für Ernährung und Hauswirtschaft“ („Zehn“) und eines eigenen Fachreferats im Ministerium zählte Boldajipour auch den Hauswirtschaftsführerschein, der im vergangenen Sommer vorgestellt wurde, zu den sichtbaren Erfolgen der Ministerin.

„Das ‚Zehn‘ findet bundesweit Beachtung, es ist ein Leuchtturm für die Hauswirtschaft“, sagte sie. Die Ausgangslage für die Hauswirtschaft sei derweil „nicht hervorragend“, führte die Verbandsvorsitzende weiter aus. Der Fachkräftemangel sei riesengroß. In den Einrichtungen käme häufig eine Fachkraft auf zehn ungelernte Kräfte, manche soziale Einrichtungen müssten ganz ohne Hauswirtschafter auskommen oder diese Aufgaben müssten von Fachfremden übernommen werden. „Das geht so nicht“, rief Boldajipour aus.
Ein besonderes Beispiel für die Karriereoptionen einer gelernten Hauswirtschaftsleiterin sei derweil die Agrarministerin persönlich, sagte Boldajipour. Otte-Kinast sei ein Vorbild für die Nachwuchskräfte: „Mit Hauswirtschaft kann frau alles erreichen – auch ein Ministeramt“, witzelte die Präsidentin des Deutschen Hauswirtschaftsrates. Die Ministerin nutzte den Kongress unterdessen, um ihr Anliegen, das Image der Hauswirtschaft aufzuwerten, voranzutreiben. Sie selbst sei als Mädchen durch ein Programm der Ferienbetreuung mit dem Titel „Hauswirtschaft für Ahnungslose“ für den Beruf begeistert worden.
Heute wirbt das Ministerium mit dem Slogan „Hauswirtschaft ist angesagt“, was Otte-Kinast ein wenig an den damaligen Kurstitel erinnere. „Mit Menschen zusammen zu arbeiten und zu leben – das ist klasse gewesen, das habe ich gern gemacht“, erzählte sie vor rund 350 Teilnehmern des Kongresses. Durch ihre Fachausbildung habe sie gelernt, mehrere Dinge nebeneinander zu erledigen und nachhaltig zu arbeiten. Nachhaltig ist (neben „relevant“ und „sicher“) auch eines der Schlagworte, mit dem der gesamte Kongress überschrieben ist. Angesichts des Klimawandels, der Corona-Pandemie und des Kriegs in der Ukraine habe eine nachhaltige, vorausschauende und ressourcenschonende Haushaltsführung wieder eine neue Bedeutung erlangt, argumentierte etwa die Ministerin.