25. Aug. 2020 · Bildung

Evangelische Klöster lassen nun auch Frauen für den Konvent zu

Es ist eine kleine Sensation, die formal daherkommt und fast heimlich von statten ging: Die beiden evangelischen Klöster Loccum (Landkreis Nienburg) und Amelungsborn (Landkreis Holzminden) haben ihre Verfassungen geändert – und erlauben damit nun auch Frauen als Mitglieder des Klosterkonvents. „Der Beschluss soll nicht als Bruch mit einer jahrhundertealten Tradition verstanden werden, sondern als Respekt vor der vor vielen Jahrzehnten eingeführten Frauenordination“, erklärten gestern die beiden derzeitigen Vorstände der Klosterkonvente, der Prior des Klosters Loccum, Arend de Vries, und Eckhard Gorka, der Abt des Klosters Amelungsborn. „Wir erleben das Miteinander von Frauen und Männern in der Kirche und im Pfarramt als große Bereicherung und wünschen uns das in Zukunft auch für unsere Konvente“, sagten die beiden Kirchenmänner. In der Landeskirche Hannovers sind Frauen erst seit 1964 im Pfarramt erlaubt.
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Positive Reaktionen löst diese Entscheidung nun unter anderem bei der früheren hannöverschen Landesbischöfin Margot Käßmann aus. Gegenüber dem Politikjournal Rundblick erklärte sie, dass sie sich über die Nachricht freue. „Sie entspricht der Realität, dass in beiden Klöstern längst keine Mönche mehr zölibatär leben. Sie haben neue Rollen und Aufgaben gefunden in unserer Zeit.“ Das Kloster Loccum sei heute geprägt von jungen Frauen und Männern, die sich im Vikariat auf den Pfarrberuf vorbereiten, sagte die Theologin, die 1999 zur ersten Bischöfin der Landeskirche Hannovers gewählt worden war. Käßmann war zudem von 2009 bis 2010 die erste Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Konvent wehrte sich lange gegen Frauen

Selbstverständlich ist dieser Schritt derweil nicht. Intensive theologische Beratungen und Abstimmungen seien der Entscheidung vorangegangen, erklärte die Landeskirche Hannovers gestern. Bereits 2013, zum 850-jährigen Jubiläum des Klosters Loccum, hatte Landesbischof Ralf Meister angeregt, über eine Öffnung für Frauen nachzudenken. Damals wurde der Vorschlag noch von den älteren Männern im Konvent mit Verweis auf die traditionelle Verbindung zu den katholischen Glaubensbrüdern weltweit abgelehnt. Die beiden Klöster stehen in der Tradition der Zisterzienserklöster.Heute ist das Kloster Loccum Sitz des Predigerseminars verschiedener evangelischer Landeskirchen, im Kloster Amelungsborn finden Tagungen statt und Pilger können dort einkehren. Anders als die Frauenklöster, die in einer rein protestantischen Tradition stehen, werden Loccum und Amelungsborn nicht mehr von ihren Konventen dauerhaft bewohnt. In 15 der 17 Frauenklöster, die es im Zuständigkeitsbereich der Klosterkammer Hannover gibt, leben hingegen tatsächlich noch von Äbtissinnen geführte Frauenkonvente.

Künftig könnte Landesbischöfin auch Äbtissin werden

Die Öffnung der beiden Klosterkonvente ist nun auch aus einer anderen, durchaus politischeren Perspektive etwas Besonderes. Denn der Abt zu Loccum ist so etwas wie eine traditionelle Ehrenposition, das Konvent ohnehin kein Mönchsorden mehr, sondern eine Gruppe altgedienter Kirchenmänner. Lange Zeit wurde das Amt des Abtes zu Loccum traditionell in Personalunion vom jeweiligen Landesbischof der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers ausgeführt. Durcheinandergeraten ist diese Tradition erst durch die Wahl Käßmanns zur Landesbischöfin, denn als Frau stand ihr damals die Ehrenposition nicht zu. „Als ich vor mehr als zwanzig Jahren zur Landesbischöfin gewählt worden war, wurde das im Konvent des Klosters Loccum eher als Problem wahrgenommen. Eine Äbtissin schien unvorstellbar“, berichtet Käßmann auf Anfrage des Politikjournals Rundblick.Dank der Verfassungsänderung seien nun aber auch Ämter wie Priorin oder Äbtissin möglich, erklärten gestern die beiden Konventsvorsitzenden de Vries und Gorka. „In der Geschichte war die Personalunion des Abtes zu Loccum und des Landesbischofs von Hannover aber bewusst vorgesehen“, erzählt Käßmann dem Rundblick. „So freue ich mich, dass dies mit Landesbischof Meister nun wieder praktizierte Realität sein kann und eines Tages auch mit einer Landesbischöfin wird sein können.“ Im Januar dieses Jahres hat der amtierende Abt Horst Hirschler seinen Rückzug erklärt. Im Mai sollte ihm der amtierende Landesbischof Meister im Amt des Abtes folgen, aufgrund der Corona-Pandemie wurde der formale Wechsel jedoch auf November verschoben.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #147.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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