8. Apr. 2025 · Umwelt

EU-Parlament könnte im Mai über verringerten Schutzstatus für Wölfe entscheiden

Geschützt, aber nicht mehr streng geschützt: Der Wolf in Europa. | Foto: GettyImages-JMrocek

Die Europäische Union treibt die Änderung des Schutzstatus des Wolfs mit Konsequenz voran. Nachdem am 7. März eine entsprechende Änderung der völkerrechtlich bindenden Berner Übereinkunft in Kraft getreten war, brachte die EU-Kommission noch am selben Tag ein Gesetz zur Anpassung der Habitat-Richtlinie auf den Weg. Mit der gezielten Änderung dieser Richtlinie soll nun der Wolf vom vierten in den fünften Anhang verschoben werden. Dadurch würde sich der Schutzstatus also auch im EU-Recht von „streng geschützt“ zu „geschützt“ ändern. Die EU-Kommission verfolgt damit nach eigenen Angaben das Ziel, den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität bei der „Bewirtschaftung lokaler Wolfspopulationen“ einzuräumen. „In einigen europäischen Regionen sind Wolfsrudel insbesondere für Nutztiere zu einer echten Gefahr geworden“, erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). Die lokalen Behörden sollen künftig in die Lage versetzt werden, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, die gut an die regionalen Gegebenheiten angepasst sind. Da der Wolf allerdings auch künftig noch eine geschützte Art bleiben wird, müssen die Mitgliedstaaten weiterhin darauf achten, den sogenannten günstigen Erhaltungszustand für die bedrohte Tierart zu erreichen und aufrechtzuerhalten. Die EU plant zudem, den Mitgliedstaaten auch künftig die Möglichkeit zu geben, ein höheres Schutzniveau für Wölfe beizubehalten, falls dies nach nationalem Recht für notwendig erachtet wird.

Der Gesetzentwurf der EU-Kommission liegt nun beim EU-Rat und dem Europäischen Parlament. Erst wenn der Rat zugestimmt hat, den Antrag im Eilverfahren zu bearbeiten, kann das Parlament seine Beratungen aufnehmen. Entscheidend wird die Frage sein, ob sich die beiden europäischen Ko-Gesetzgeber darauf einlassen, dem Kommissionsvorschlag zu folgen und lediglich den Schutzstatus des Wolfs zu ändern. Denkbar wäre auch, dass einzelne Mitgliedstaaten ergänzend über andere Tierarten wie etwa den Bären diskutieren wollen. Voraussichtlich würde die Kommission in einem solchen Fall den gesamten Vorschlag wieder zurückziehen. Sollte jedoch alles nach Plan verlaufen, sei mit einer Abstimmung im Parlament voraussichtlich frühestens in der Plenarwoche im Mai zu rechnen, erklärte Tiemo Wölken (SPD) auf Rundblick-Anfrage. Der niedersächsische Abgeordnete und umweltpolitische Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament bezeichnete die Anpassungen in den Artenschutzabkommen angesichts der Populationsentwicklung beim Wolf als einen richtigen und wichtigen Schritt. „Gleichzeitig ist auch klar: Die Wiederansiedlung des Wolfes war gewünscht und trägt zur Artendiversität und Selbstregulation der Ökosysteme bei. Auch wenn ihre Anzahl durch gezieltes Populationsmanagement begrenzt werden kann und muss, muss das Ziel die Koexistenz von Wölfen, Weidehaltung und Waldnutzung bleiben.“

Naturschutzverbände kritisieren derweil den Ansatz der EU-Kommission, den Konflikt zwischen Wolf und Weidetierhaltern mit einem erleichterten Abschuss zu begegnen. Der Naturschutzbund (Nabu) bezeichnet den Plan als „reine Klientelpolitik auf Kosten der Natur“, der die Zahl der Nutztierrisse zudem wohl nicht signifikant verringern werde. Frederik Eggers, naturschutzpolitischer Referent beim Nabu Niedersachsen, spricht von einer „rein politischen Entscheidung, die ohne wissenschaftliche Grundlage sich zu einem gefährlichen Präzedenzfall für den Artenschutz entwickeln kann.“ Weil der günstige Erhaltungszustand erreicht und erhalten werden muss, gebe es „keinen Freifahrtschein zur Jagd“. „Als effektive Maßnahme gegen Nutztierrisse bleibt nur ein fachgerechter und flächendeckender Herdenschutz. Dazu müssen Weidetierhaltungen in ausreichendem Umfang finanzielle und fachliche Unterstützung erhalten“, sagt Eggers.

Der Naturschutzverband weist zudem darauf hin, dass es mit der entsprechenden Gesetzesänderung auf EU-Ebene noch weitere Anpassungen im nationalen und föderalen Recht geben müsse. Soll heißen: Sobald die EU die Habitat-Richtlinie angepasst hat, muss der Deutsche Bundestag diese Änderung im Bundesnaturschutzgesetz nachvollziehen. Erst dann kann es auch in Niedersachsen eine neue Rechtsordnung geben, die in bestimmten Gebieten den Wolfsabschuss erleichtert. Das Ziel verfolgt die rot-grüne Landesregierung jedenfalls schon länger. Im Koalitionsvertrag haben sich SPD und Grüne darauf verständigt, ein regional-differenziertes Bestandsmanagement zu etablieren – sofern dies mit dem EU-Recht vereinbar ist. In kleinen Schritten nähert man sich diesem Zustand an.

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #068.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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