Es wird ernst für Rundt: Staatsanwaltschaft ermittelt in der Vergabe-Affäre
Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt jetzt in der Vergabeaffäre, die das Sozialministerium in Hannover betrifft. „Wir haben Presseberichte rechtlich geprüft und einen Anfangsverdacht festgestellt“, sagte Thomas Klinge, Sprecher der Staatsanwaltschaft, dem Rundblick. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sieht gleichwohl keinen Grund, von seiner Ministerin Cornelia Rundt abzurücken. „Ich habe nicht den Eindruck, dass ich Frau Rundt in irgendeiner Weise Vorwürfe machen müsste“, sagte er gestern am Rande der Vorstellung der SPD-Wahlkampagne und fügte hinzu: „An dieser Stelle habe ich einen ganz ruhigen Puls.“
[caption id="attachment_15040" align="aligncenter" width="780"] Kommt am 12. September als Zeugin in den Untersuchungsausschuss: Sozialministerin Cornelia Rundt - Foto: Nds. Sozialministerium[/caption]
Es geht um einen Auftrag von 40.000 Euro für einen „Masterplan Soziale Gesundheitswirtschaft“, den das CIMA-Institut für Regionalwirtschaft in Hannover im Mai 2015 erhalten hatte. In der Ausschreibung waren auch zwei andere Büros gefragt worden, die aber kein Angebot abgegeben hatten. Eines dieser Büros teilte mit, die vorgegebene Frist zur Bearbeitung, nämlich drei Monate, sei zu kurz. Nun gibt es mehrere Hinweise auf Einflussnahmen im Sozialministerium zugunsten einer Auftragsvergabe an CIMA, dessen Leiter Arno Brandt früher SPD-Funktionär in der Stadt Hannover war. So geht aus der internen Mail einer Referatsleiterin des Sozialministeriums von Mai 2014 hervor, dass es zwischen CIMA-Chef Brandt, Ministerin Cornelia Rundt, Staatssekretär Jörg Röhmann und dem damaligen Ministerbüroleiter ein Treffen gab.
Die Referatsleiterin schreibt in der Mail, in dieser Runde sei „besprochen und beschlossen“ worden, dass CIMA einen Auftrag bekomme. Erst ein knappes Jahr später folgte dann aber die Auftragserteilung. Das Sozialministerium hatte erklärt, diese Mail beruhe auf einem Missverständnis der Referatsleiterin, denn in dem beschriebenen Gespräch sei es gar nicht um den Masterplan gegangen. Außerdem gab es im Sozialministerium schon 2014 internen Schriftverkehr, aus dem hervorgeht, dass man für die Ausschreibung zum Masterplan eine dreimonatige Frist plane – in dem festen Wissen, dass CIMA in der Lage war, in einer solchen Frist ein Ergebnis zu liefern. Im April 2015, zwei Tage vor Beginn der Ausschreibung, hatte sich die Ministerin bei ihren Mitarbeitern im Zusammenhang mit diesem Thema erkundigt, wie es um CIMA stehe. Dies könnte als Hinweis auf die Auftragsvergabe gedeutet werden.
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Nun beziehen sich die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen auf den Paragraphen 298 des Strafgesetzbuchs – danach ist es verboten, ein Angebot abzugeben, sofern dies auf rechtswidrigen Absprachen beruht. Ermittelt wird deshalb gegen Arno Brandt, den CIMA-Chef. Hinweise darauf, wer neben Brandt womöglich an einer rechtswidrigen Absprache hätte beteiligt sein können, liegen auch vor – es sind neben der Ministerin und ihrem Staatssekretär noch der Büroleiter. Die Staatsanwaltschaft erklärt aber ausdrücklich, gegen diese Personen noch nicht zu ermitteln. Man werde erst einmal interne Unterlagen sichten, das Ministerium habe sich hier auch kooperativ verhalten und angekündigt, den Schriftverkehr auszuhändigen. Sollte sich im Zuge der Ermittlungen zeigen, dass auch gegen Rundt ein Anfangsverdacht vorliegt, so dürfte sie ihr Amt vorläufig wohl nicht mehr ausüben können.
Womöglich muss Ministerpräsident Weil sie dann beurlauben. Falls aber die Staatsanwaltschaft relativ schnell feststellen sollte, dass sie die Hinweise auf eine gezielte Begünstigung von CIMA nicht erhärten kann, etwa weil die Teilnehmer des Spitzengesprächs dies verneinen, so kann es auch zur raschen Einstellung der Ermittlungen kommen. Dies würde man in Rundts Umfeld dann sicher als eine Entlastung begreifen. Am kommenden Dienstag, dem 12. September, wird die Sozialministerin im Vergabe-Untersuchungsausschuss als Zeugin auftreten. Solange gegen sie nicht ermittelt wird, steht ihr kein Zeugnisverweigerungsrecht zu. (KW)
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #155.