Erstmals können auch Beamte nach Leistung bezahlt werden
Das neue Landesbesoldungsgesetz, das heute im Landtag beschlossen und dann mit Beginn des neuen Jahres in Kraft treten soll, enthält eine gravierende Neuerung: Erstmals gibt es die klar definierte Möglichkeit, Zulagen für Beamte auch nach Leistungskriterien zu vergeben. Während das für Angestellte im öffentlichen Dienst schon länger möglich ist, sind die Prämien für Beamte bisher an strenge Voraussetzungen gebunden: Nur an maximal 15 Prozent von ihnen dürfen Sonderzahlungen überwiesen werden. Vor fünf Jahren hatten 40 Kommunen gegen diese Einschränkung verstoßen, die Betroffenen mussten das Geld zurückzahlen und gegen einige Oberbürgermeister und Landräte wurde wegen Untreue ermittelt. Jetzt, da die Besoldungsfragen erstmals in einem Landesgesetz geregelt werden, lockert das Land die engen Grenzen und erleichtert damit künftige Prämienzahlungen.
Das Landesbesoldungsgesetz gilt für rund 120.000 Landes- und etwa 20.000 Kommunalbeamte in Niedersachsen. Kernpunkt ist, dass die bisherigen „Altersstufen“ aufgehoben werden. Sie bestimmten, dass Beamte bei Erreichen eines gewissen Alters befördert werden. Da diese Vorschrift als altersdiskriminierend angesehen werden könnte, gibt es künftig „Erfahrungsstufen“. Diese werden ähnlich wie bisher angewandt, wobei solche Beamte, die in sehr jungen Jahren mit dem Beruf beginnen, dann schneller als bisher aufsteigen können. Das neue Besoldungsgesetz soll nun auch rückwirkend zum 1. September 2011 in Kraft treten – und zwar deshalb, damit niemand noch gegen eine vermeintliche oder tatsächliche Altersdiskriminierung, die ihm in der Vergangenheit widerfahren ist, klagen kann. Das heißt, dass für alle Beamten geprüft wird, ob sie in der Vergangenheit mit den „Erfahrungsstufen“ günstiger gestellt worden wären. Falls das so ist, haben die Betroffenen Anspruch auf eine Nachzahlung. Die Landesregierung will diese Neuregelung nun vor allem deshalb so schnell durch den Landtag bringen, weil sie den Gerichten zuvorkommen will. Etliche tausend Beamte haben gegen ihre bisherigen Gehaltsbescheinigungen Einsprüche eingelegt, manche wollen auch klagen, weil sie meinen, die alten Besoldungsregeln seien ein Fall von Altersdiskriminierung.
Rot-Grün hatte zunächst vor, begleitend zum neuen Besoldungsgesetz auch die bisherigen Vorschriften über Familienzuschläge umzuwidmen. Verheiratete Beamte erhalten bisher einen Zuschlag von 124 Euro monatlich – auch dann, wenn sie keine Kinder haben. Je Kind erhöht sich der Zuschlag dann um 112 Euro monatlich, für das dritte und jede weitere Kind gar um 350 Euro. Alleinerziehende können den 124-Euro-Zuschlag, der für Verheiratete gilt, unter Umständen auch erhalten. Rot-Grün will dieses System, wie Finanzpolitiker Gerald Heere dem Rundblick sagte, mittelfristig ändern. Nach seinen Vorstellungen soll die Grundstufe von 124 Euro entfallen, damit künftig nur noch für die Kinder das Geld gezahlt wird – unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht. Für bisherige Bezieher soll der Besitzstand gelten, aber neu verheiratete Beamte sollten keinen Zuschlag mehr erhalten – im Gegenzug könne man die Ansätze für die Kinder erhöhen, auch eine Angleichung zwischen dem ersten und zweiten und jedem weiteren Kind sei denkbar. „Wir wollten das eigentlich aufkommensneutral gestalten, haben aber festgestellt, dass wir wohl mehr Geld für das neue System brauchen“, sagt Heere. Deshalb will Rot-Grün das neue Modell nun zunächst nur als Absichtserklärung beschließen. Wie es genau umgesetzt und ausformuliert wird, soll dann 2017 in der Koalition geklärt werden, betonte Heere. 90.000 Beamtenkinder leben in Niedersachsen, die überwiegenden sind Erst- und Zweitgeborene.