5. Dez. 2022 · Finanzen

Energiekrise, Inflation und Flüchtlinge: Auch Braunschweig schlägt in Etatplanung Alarm

OB Thorsten Kornblum (rechts) stellt zusammen mit Stadtkämmerer Christian Geiger (2.v.r.) die aktuelle Haushaltssituation von Braunschweig vor. | Foto: Stadt Braunschweig

Die wachsenden Energiepreise, höhere Belastungen der Stadtwerke und die steigenden Ausgaben wegen der Inflation haben in vielen niedersächsischen Kommunen die Haushaltsprognosen enorm eingetrübt. Nach der Landeshauptstadt Hannover, die kürzlich ein weitreichendes Sparkonzept vorgelegt hatte, folgt nun die zweitgrößte Stadt des Landes. Braunschweigs Oberbürgermeister Thorsten Kornblum (SPD) und sein Finanzdezernent Christian Geiger (CDU) haben jetzt ihren politischen Gremien den Ernst der Umstände verdeutlicht. „Die Lage ist dramatisch“, sagten sie. Trotz stabiler Steuereinnahmen drohe gegenüber dem Entwurf für den städtischen Doppelhaushalt 2023/2024 eine Verdoppelung der bislang geschätzten jährlichen Defizite. Statt eines Fehlbetrages von 83,2 Millionen Euro, von dem die Stadtspitze bisher ausgegangen sei, komme jetzt ein Defizit von 193,6 Millionen Euro auf die Stadt zu. In der aktuellen Krise habe die Stadt Braunschweig einen wesentlich erhöhten Personal- und Sachaufwand. Im Idealfall folge später ein finanzieller Ausgleich von Bund oder Land – man müsse aber befürchten, dass dieser nicht annähernd reichen werde, die gestiegenen Ausgaben aufzufangen. Nach Kornblums Angaben sind die Kommunen „strukturell unterfinanziert“.

Schon im September, als der OB den Entwurf des Haushalts 2023/2024 dem Rat vorgelegt hatte, waren die Ausgabenansätze in vielen Bereichen verringert worden. Die Investitionsvorhaben waren pauschal um zehn Prozent gekürzt worden. Nun zeige sich, dass die Situation sich noch einmal verschärfe. Auch die Zuschüsse des Landes, die im aktuellen Nachtragshaushaltsplan den Kommunen bereitgestellt werden, ändern laut Kornblum an den Strukturproblemen der Kommunalfinanzierung nichts. Finanzdezernent Christian Geiger sagte: „Die stark erhöhte Inflation verteuert den Bezug von Sachleistungen und den Betrieb der städtischen Gesellschaften. Dies wirkt sich auch bei den Investitionen aus. Der Zuschussbedarf der städtischen Gesellschaften wird steigen – insgesamt sind mehr als 30 Millionen Euro jährlich zusätzlich zu Lasten des städtischen Haushalts zu veranschlagen.“

„Die stark erhöhte Inflation verteuert den Bezug von Sachleistungen und den Betrieb der städtischen Gesellschaften."

Den Gesamtaufwand für die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen schätzt die Stadt auf jährlich 38 Millionen Euro – davon müsse Braunschweig voraussichtlich mehr als die Hälfte, nämlich rund 20 Millionen Euro, selbst aufbringen. Sollten wie erwartet weitere 1000 Flüchtlinge nach Braunschweig kommen – vermutlich hauptsächlich aus der Ukraine -, so steige der Aufwand wohl auf 60 Millionen Euro. Bisher erstattet das Land laut Aufnahmegesetz pro Flüchtling einen Betrag von 11.500 Euro im Jahr. Wie Geiger erläutert, sind die im Braunschweiger Etatplan zugrunde gelegten Kosten höher, nämlich bei 18.000 Euro. Wiederholt habe Braunschweig auf die besondere Situation der Großstädte hingewiesen, auf deren starken Wohnraummangel.

Wohngeldreform lässt Personalkosten weiter ansteigen

Die Stadt Braunschweig rechnet auch mit steigenden Personalkosten. So dürfte die Wohngeldreform zu einem wachsenden Personalbedarf in diesem Bereich führen – und wegen der Inflation dürfte auch eine Tariferhöhung bevorstehen, die höher ausfällt als sie bisher in den Kalkulationen der kommunalen Kämmerer eingepreist ist. Damit drohen die Reserven der Stadt aufgezehrt zu werden, und Geiger rechnet mit wachsenden Kreditaufnahmen – sowohl für die Sicherung der Liquidität wie auch für Investitionen. Bei höheren Zinsen wachse damit auch der Betrag, der für den Schuldendienst aufgebracht werden muss. Kornblum betonte, dass die Stadt trotz dieser Umstände weiter investieren müsse, wenn sie zukunftsfähig sein wolle – in Kindergärten, Schulen, Klimaschutzprojekte, in den Katastrophenschutz, in die Digitalisierung und in die bauliche Infrastruktur.

Braunschweig plant „Leuchttürme“ im Katastrophenfall: Die Braunschweiger Stadtverwaltung plant für das Stadtgebiet sogenannte mobile „Bevölkerungsschutz-Leuchttürme“. Das sollten Standorte sein, etwa in öffentlich zugänglichen Gebäuden, die im Fall eines großflächigen Stromausfalls als Anlaufpunkte für die Menschen dienen sollen. Hier sollen die Bürger Informationen erhalten oder auch Hilfe bekommen.

Dieser Artikel erschien am 6.12.2022 in Ausgabe #217.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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