Elektro-Autos: Auf dem Weg in die Zukunft nervt immer noch die Vergangenheit
Von Martin Brüning
Martin Bäumer von der CDU hat schon eines, Stefan Wirtz von der AfD auch. Und Thordies Hanisch (SPD) nutzt ab und zu das von ihrem Mann. Der hat nämlich auch eines. Gemeint ist ein Elektroauto. Also das, was Jörg Bode von der FDP bisher nicht in die Garage kommt und selbst Detlev Schulz-Hendel von den Grünen noch nicht hat. Der nutzt immer einen Hybrid-Kleinwagen, um zum Beispiel von Amelinghausen zum Lüneburger Bahnhof zu zuckeln. Bei 1,6 Prozent liegt der Marktanteil von Elektrofahrzeugen in Deutschland. Zumindest in der Gruppe derjenigen, die zum Thema Mobilität am Mittwoch ans Mikrofon des Landtags traten, liegt er deutlich höher.
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Martin Bäumer fuhr zwölf Jahre lang ein Hybrid-Auto und ist jetzt seit acht Wochen auf einen E-Renault umgestiegen. „Es ist ein tolles Gefühl, wenn man lautlos und ohne direkte Emissionen über die Straßen fahren kann. Und es ist ein blödes Gefühl, wenn die Ladesäule zickt oder besetzt ist.“ Das Verhältnis zu seinem Elektroauto sei bisher wie in einer Beziehung: „In den ersten Tagen war ich Feuer und Flamme, dann folgte die Phase der Ernüchterung, und jetzt ist die Beziehung stabil.“ Er kenne die Stärken und könne mit den Schwächen leben. „Ihre Erfahrungen in acht Wochen in allen Ehren, aber da steht Ihnen noch etwas bevor“, sagte Stefan Wirtz an die Adresse Bäumers. Man könne nach fünf Jahren immer noch begeistert sein, aber man brauche noch etwas anderes. Für die großen Fahrten habe er deshalb einen Diesel zuhause.
Gehört der Brennstoffzelle wirklich die Zukunft?
„Perspektiven für einen modernen Automobilstandort Niedersachsen“ lautete das Motto der von der CDU beantragten aktuellen Stunde – und eines wurde deutlich: die Elektromobilität gehört zur Perspektive auf jeden Fall dazu. Es wurde aber auch auf die Herausforderungen hingewiesen, die dabei gerne einmal unter den Tisch fallen. Man benötige für 50 Prozent mehr Elektrofahrzeuge 25 Prozent mehr Strom, sagte Bäumer. Und das in einer Zeit, in der Kernkraftwerke abgeschaltet würden und man über das Aus von Kohlekraftwerken diskutiere. „Natürlich könnte man den Bestand von Windkraftanlagen verdreifachen. Aber dazu fehlt mir die Phantasie“, meinte der CDU-Politiker.
Jörg Bode stellte die Frage, ob die vieldiskutierte Brennstoffzelle wirklich eine Technologie der Zukunft ist. „Es gab seit Jahren Förderprogramme und Initiativen, aber der Durchbruch bei den Autos ist immer ausgeblieben – und wird es voraussichtlich auch in den nächsten Monaten noch.“ Vielleicht sei die Technik einfach noch nicht das richtige Instrument. Stefan Wirtz sagte, die Arbeit mit Lithium sei hochgefährlich und nahezu unmöglich in Europa. „Da müssten Sie erst einmal die EU-Arbeits- und Umweltvorschriften ändern und aushebeln, um mit diesem Zeug überhaupt wieder arbeiten zu können.“ Das sei ein weiter Weg.
Grüne fordern Subvention für Dienstfahrzeuge
Technikverliebt und optimistisch argumentierte dagegen Thordies Hanisch. Sie rechnet mit Bewegung auf dem Speichermarkt und mehr Einsatz von Leichtbaustoffen. Detlev Schulz-Hendel wünscht sich wiederum einen stärker steuernden Staat. Er sprach sich für „kluge Schadstoffgrenzen“ aus, um die Energieeffizienz in der Autoindustrie zu erhöhen und die Entwicklung von alternativen Antrieben zu fördern. Außerdem sollten Subvention für Dienstfahrzeuge an den CO2-Ausstoß gekoppelt und auch Kraftstoffe sollten nach ihrem CO2-Gehalt besteuert werden.
Schritt für Schritt will sich derweil Wirtschaftsminister Bernd Althusmann den Fragen von Ladestationen für E-Autos und des Wasserstoffantriebs stellen. Er selbst ist dienstlich übrigens in einem Audi A8 mit einem fast 300 PS-starken Dieselmotor unterwegs. Zumindest hat der Wagen einen sogenannten Mild-Hybrid. Das ist ein kleiner, unterstützender Elektromotor, der vermutlich so leistungsstark ist wie der gesamte Motor, der Martin Bäumers E-Auto antreibt. Ziel sei, Niedersachsen zu einem führenden Mobilitätsland zu machen, sagte Althusmann im Landtag. Allein Volkswagen werde in den kommenden Jahren 35 Milliarden Euro in die Elektromobilität investieren. „Ich gehe auch davon aus, dass längst die Schritte eingeleitet wurden, um von der Lithium-Ionen-Batterie zu neuen Batterieformen zu kommen, die weitaus höhere Speicherkapazitäten und damit auch höhere Reichweiten bieten.“
Dieselkandal erneut Thema
Mindestens genauso wie die Zukunft der Mobilität beschäftigen die Auto-Industrie derzeit allerdings immer noch die Altlasten des Dieselskandals. „In keinster Weise akzeptabel“, nennt der Wirtschaftsminister den Skandal. Die Automobilindustrie müsse in Deutschland das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen. Dazu gehöre auch, ein deutliches Zeichen zu setzen, den entstandenen Schaden stärker als bisher auszugleichen. „Vor allem muss die Automobilindustrie zeigen, dass sie verstanden hat. Ich bin es leid, dass wir jede Woche oder jeden Monat neue Meldungen über Softwareupdates oder alte Software in den Motoren vermelden müssen. Daran ist nicht das Kraftfahrtbundesamt schuld, sondern es sind diejenigen, die nicht bereit sind, die vorgegebenen Regeln und Gesetze zu beachten.“
Wer nach wie vor über die schmutzige Vergangenheit von Volkswagen und anderen Autokonzernen sprechen muss, der büßt Redezeit für die saubere Zukunft ein. Dabei gäbe es viel zu tun und zu erklären. Übrigens: Auf dem Landtagsparkplatz gibt es noch keine Ladestation für E-Autos. Wer eine Ladesäule braucht, kann zum Beispiel zwei Ecken weiter einmal nachfragen, ob gerade ein Platz frei ist – vor dem Wirtschaftsministerium.