Der Salzstock Gorleben als endgültiger Endlager-Standort in Deutschland ist laut Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies zwar im Verfahren weiter möglich, eine solche Entscheidung würde ihn aber überraschen. Das sagte Lies am Mittwoch in Hannover, nachdem er gerade das weltweit erste genehmigte Endlager für hochradioaktiven Abfall in Finnland besucht hatte. „Vor der Entscheidung für Gorleben hat es damals eben keinen bundesweiten objektiven Standortauswahlprozess gegeben“, sagte Lies. Stattdessen sei der Standort allein in Niedersachsen aus drei Alternativen mit einer schwer nachvollziehbaren Begründung ausgesucht worden. Mit dem heutigen Verfahren hatte das Lies zufolge rein gar nichts zu tun.

„Dass es am Ende des jetzigen Verfahrens zum gleichen Ergebnis kommt wie bei dem Zufallsprozess von vor 40 Jahren ist wenig wahrscheinlich.“ Damals sei politisch motiviert rein zufällig entschieden worden, jetzt gebe es ein fundiertes, wissenschaftliches und in mehrere Phasen aufgeteiltes wissenschaftliches Auswahlprojekt. Ausschließen will der niedersächsische Umweltminister aber nichts, und so übt er auch scharfe Kritik an den Regierungsparteien in Bayern. Sie hatten im Koalitionsvertrag ein Endlager bereits mit den Worten ausgeschlossen, dass „Bayern kein geeigneter Standort für ein Atomendlager“ sei. Lies sprach am Mittwoch von einem „absurden Vorgehen“, über das er sich ärgere. Man könne nicht in einem Koalitionsvertrag bereits etwas ausschließen, was in einem Erkundungsverfahren erst einmal untersucht werden solle. Es dürfe keinerlei Vorfestlegungen, aber auch eben keinerlei vorherige Ausschlüsse geben, so Lies.

https://soundcloud.com/user-385595761/ein-endlager-in-gorleben-wurde-olaf-lies-uberraschen

Ein absolut transparentes Verfahren bezeichnete der Umweltminister als Schlüssel für eine erfolgreiche Endlagersuche. Mit dem Vorgehen in Gorleben sei in Deutschland Vertrauen verspielt worden. In Finnland sei ihm dagegen eine größere Akzeptanz und auch mehr Vertrauen in die politischen und behördlichen Entscheidungen aufgefallen. In Deutschland stoße man immer wieder auf große Skepsis. Es müsse deshalb mithilfe des Verfahren Vertrauen zurückgewonnen werden. „Wir stehen in einer großen Verpflichtung. Wir sind die Generation, die dafür sorgen muss, dass es ein Endlager gibt. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass auf Zeit gespielt und der nächsten Generation das Problem überlassen wird.“ Wichtig sei, dass es nicht um einen geeigneten Standort, sondern um den Standort mit der bestmöglichen Sicherheit gehe. Und dieser könne nur mit einem Vergleich gefunden werden. Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2031 einen Standort für ein Endlager für verbrauchte Brennstäbe aus Kernkraftwerken zu finden.

Twitter

Mit dem Laden des Tweets akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Twitter.
Mehr erfahren

Inhalt laden

Die Reise des Umweltministers Olaf Lies nach Finnland war im Vorfeld auch auf Besorgnis gestoßen. Denn schließlich entsteht das Lager in Olkiluoto in kristallinem Gestein, was es in Deutschland unter anderem in Bayern und Sachsen gibt. Versuchte hier ein Landesminister ein Zeichen für Gesteinsalternativen zu setzen, die in seinem eigenen Bundesland seltener vorkommen? Fachliche Kriterien seien Grundlage eines nachvollziehbaren und glaubwürdigen Verfahrens seien und nicht einzelne Interessen, erinnerte Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit, noch einmal vor Lies‘ Reiseantritt.

Niedersachsens Umweltminister sieht seine Reise aber als hilfreich an. Der Prozess könne nicht ohne öffentliche Diskussion und Beteiligung stattfinden. „Was ist das für ein Signal, wenn ich mich hier vor Ort mit Salzgestein auskenne und alles andere interessiert mich nicht? Das wäre völlig falsch“, meinte Lies. Man müsse eben alles berücksichtigen können und sich dafür auch einen Eindruck über die unterschiedlichen Gegebenheiten machen. Der Umweltminister plant deshalb auch bereits eine Reise ins französische Bure, wo ein Endlager in Tongestein geplant ist.


Lesen Sie auch:

Bundesamtspräsident warnt Länder davor, die Endlagersuche zu sabotieren