15. Dez. 2022 · Finanzen

Ein zentrales Finanzamt in Hannover? Ministerium lässt Mega-Reform prüfen

Die TUI AG hat ihren Geschäftssitz bislang an der Karl-Wiechert-Allee 4. Demnächst könnte der Reisekonzern aber eine neue Adresse bekommen und die alte Zentrale zum zentralen Finanzamt für Hannover werden. | Foto: Link

Es ist ein weitreichender Vorschlag, mit dem Finanzminister Gerald Heere (Grüne) jetzt auf die Finanzbehörden in der Landeshauptstadt Hannover zugeht: Die Steuerverwaltung innerhalb des Ministeriums prüft, ob alle Organisationseinheiten der Finanzbehörden in der Landeshauptstadt an einem Standort zusammengefasst werden können. In diesem Fall würden die bisher fünf Finanzämter für Veranlagungen (Mitte, Nord und Süd, außerdem Hannover-Land I und Hannover-Land II) unter einem Dach arbeiten. „Wir müssen sehen, ob das unter mehreren Gesichtspunkten eine angemessene Lösung wäre – mit Blick auf die Zufriedenheit der Bürger und der Mitarbeiter, die Wirtschaftlichkeit und die Optimierung der eigenen Leistung“, teilt Antje Tiede, Sprecherin von Heere, auf Anfrage des Politikjournals Rundblick mit.

Diese Prüfung läuft nun nicht nur theoretisch, sondern an einem konkreten Objekt: Das bisherige Gebäude der TUI-Hauptverwaltung in der Karl-Wiechert-Allee 4, schräg gegenüber der Medizinischen Hochschule, wird von der TUI aufgegeben. Der Reisekonzern hat bisher mehrere Immobilien in der Straße und will jetzt seine Zentrale am Standort Karl-Wiechert-Allee 23 konzentrieren. Nach ersten Einschätzungen des Finanzministeriums könnte das alles gut passen, denn das von der TUI zurückgelassene Gebäude ist im Unterschied zu einigen aktuellen Finanzämtern energetisch saniert, daraus würden sich Vorteile und Chancen ergeben. Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung müsste zum Ziel haben, diese Ausgangssituation näher zu beleuchten. Vor wenigen Tagen hatten die Amtsleiter der hannoverschen Finanzämter, deren Personalvertretungen und der Landesrechnungshof den Prüfauftrag gegenüber den Beschäftigten mitgeteilt. Es soll Lob geäußert worden sein, aber auch Kritik. Einige Mitarbeiter müssten dann wohl einen weiteren Weg zum Arbeitsplatz in Kauf nehmen. Es heißt, die Prüfung im Detail könne mehr als ein Jahr Zeit brauchen.

Die Konzernzentrale von TUI im hannoverschen Stadtteil Groß-Buchholz nahe der MHH. | Foto: Link

Der mögliche Umzug der Finanzämter passt in das Konzept der neuen Landesregierung, das Liegenschaftsmanagement neu aufzustellen und den Klimaschutz zu fördern. Den landeseigenen Gebäuden soll eine Leuchtturm-Funktion bei der energetischen Sanierung zukommen – das könnte mit diesem Umzug möglich werden, denn die freigeräumten bisherigen Finanzämter ließen sich dann womöglich schneller umbauen. Eine andere naheliegende Frage spielt in dieser Diskussion offenbar noch keine Rolle, nämlich die, ob man räumlich zusammengelegte Finanzämter nicht perspektivisch unter eine einzige Behördenleitung stellen kann – und so praktisch einen Beitrag zur Verwaltungsreform leistet. Niedersachsen hat bisher mehr als 60 Finanzämter, die Rufe des Landesrechnungshofs nach einer Verschlankung blieben bisher ohne wesentlichen Widerhall.

Diskussion über das Betriebssystem der Steuerverwaltung

Unabhängig von der Standortfrage der Finanzämter läuft behördenintern die Debatte über das richtige IT-System der Steuerverwaltung weiter. Das Finanzministerium fördert seit Jahren die Zusammenarbeit mit den Finanzbehörden anderer Länder im Projekt „Dataport“, einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Dazu im Kontrast steht die Strategie, alle Landes-Dienstleistungen möglichst im Landesbetrieb IT Niedersachsen zusammenzufassen. Für den ersten Weg stand bisher das Finanzministerium, für den zweiten das Innenministerium. Nun gibt es Hinweise, die nötige Verkoppelung des Dataport-Netzes mit dem Netz des Landes könne nicht so einfach sein wie bisher angenommen, da das Land nicht ausreichend an Dataport beteiligt ist und das Unternehmen pro forma als „Fremdfirma“ gelten müsste. Diskutiert wird nun, ob vor einem Zusammenschluss der Netze erst eine Gesetzesänderung auf Landesebene nötig werden müsste. Diese könnte, wird befürchtet, viel Zeit brauchen und die Digitalisierung der Finanzverwaltung noch weiter verzögern.

Dieser Artikel erschien am 16.12.2022 in Ausgabe #225.

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