Das neue Jahr wird so anfangen, wie das alte aufgehört hat – mit Wahlkampf. Stand 2021 im Zeichen der Bundestagswahl, so wird es im nächsten Jahr die Landtagswahl sein. Beide Ereignisse dürften eng miteinander verzahnt sein. Im Februar feiert Stephan Weil (SPD), der Ministerpräsident, sein neunjähriges Amtsjubiläum. Acht Monate später, Anfang Oktober, möchte er bei den Landtagswahlen ein Mandat für weitere fünf Jahre Regierungszeit erhalten. Derzeit regiert Weil in einer Großen Koalition aus SPD und CDU, er macht aber schon seit mehreren Monaten keinen Hehl daraus, nach der Wahl im Oktober am liebsten in einem rot-grünen Bündnis regieren zu wollen. Aktuelle Umfragen zeigen dieses Ziel als realistisch an. Die Parteien werden in den kommenden Wochen und Monaten ihre Neuaufstellung planen und beschließen. Dabei sind durchaus noch Überraschungen möglich:

SPD: Wichtige Minister aus der Riege der Sozialdemokraten sind, wie auch Weil selbst, schon zwei Legislaturperioden im Amt. Daher ist es umso spannender, welche neuen Impulse die niedersächsische SPD für ihre personelle Konstellation setzen wird. Die Partei dürfte sich sehr stark auf Weil konzentrieren, neben ihm sollen vermutlich die Minister Olaf Lies (Umwelt), Daniela Behrens (Soziales) und Boris Pistorius (Inneres) herausgestellt werden, in der Folge danach auch Grant Hendrik Tonne (Kultus). Sie verkörpern das Beständige, das von der SPD als „das Bewährte“ dargeboten werden dürfte. Daneben könnten einige jüngere Politiker im Wahlkampf stärker präsentiert werden – Wiard Siebels (Ostfriesland), Sebastian Zinke (Walsrode, Foto), Wiebke Osigus (Neustadt), Philipp Raulfs (Gifhorn) oder Dörte Liebetruth (Verden).

CDU: Wer kommt ins Team des CDU-Spitzenkandidaten Bernd Althusmann? Agrarministerin Barbara Otte-Kinast zählt wohl dazu, ebenso die Minister Reinhold Hilbers (Finanzen) und Björn Thümler (Wissenschaft). Als jüngere Abgeordnete dürften Generalsekretär Sebastian Lechner und der JU-Landesvorsitzende Christian Fühner (Foto) hinzukommen. Bisher bleibt ein Rätsel, welche Frauen für Althusmanns enge Mitstreiter in Betracht kommen – wobei schon aufmerksam beobachtet wird, dass sich in mehreren Wahlkreisen Frauen für die Kandidaturen interessieren, so in Wolfenbüttel und Göttingen.

Grüne: Die Grünen dürften mit einem Team in den Wahlkampf starten. Diskutiert wird, dass neben der Spitzenkandidatin Julia Hamburg (Hannover, Foto) auf Rang eins der frühere Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Holzminden) auf Rang zwei kommen könnte – und die Grünen-Landesvorsitzende Anne Kura (Osnabrück) auf Position drei. In dieser Konstellation ist eine klare Präferenz der Grünen für ein rot-grünes Bündnis nach der Landtagswahl ablesbar. Vertreter des Realo-Flügels wie Gerald Heere (Braunschweig) würden in einer solchen Konstellation ebenso nach hinten rücken wie der gemäßigte Linke Volker Bajus (Osnabrück). Einige Diskussionen dürften noch geführt werden.

FDP: Unangefochtener, bereits nominierter Spitzenkandidat ist Partei- und Fraktionschef Stefan Birkner. In seinem Umfeld könnten Marco Genthe (Weyhe), Björn Försterling (Wolfenbüttel) und Christian Grascha (Einbeck, Foto) wichtige Funktionen übernehmen.
AfD, Linke und LKR: Bei der AfD gelten die Landtagsabgeordneten Stephan Bothe, Peer Lilienthal oder der Landesvorsitzende Jens Kestner als mögliche Spitzenleute für den Wahlkampf – das aber nur, sofern man die Gruppe um Kestner fragt. Bothe, heißt es, hat intern schon abgewinkt. Die Gruppe um den Bundestagsabgeordneten Joachim Wundrak, die zweimal in Parteiversammlungen die klare Mehrheit hatte, favorisiert eher jemand aus dem Kreis der drei AfD-Landtagsabgeordneten Klaus Wichmann, Harm Rykena oder Christopher Emden. Ein Kompromissmodell erscheint derzeit unwahrscheinlich, zumal die Wundrak-Gruppe eine Sonder- Parteitag erzwingen und dabei womöglich auch Kestner als Landesvorsitzenden stürzen will. Spannend wird sein, ob dieser Sonderparteitag noch vor der Listenaufstellung zur Landtagswahl sein wird. Bei der Linken dürfte Lars Leopold (Eime) Spitzenkandidat werden, der weibliche Part eines Teams wird noch gesucht. Die LKR, Gruppe der gemäßigten früheren AfD-Abgeordneten, spielt keine Rolle mehr, nachdem Dana Guth und Jens Ahrends diese Partei am Wochenende enttäuscht verlassen hatten. Beide sind derzeit politisch heimatlos.