31. Juli 2017 · 
Bildung

„Dreist und ignorant“: GEW legt sich direkt mit Althusmann an

Die Lehrer-Gewerkschaft GEW geht auf Konfrontationskurs mit der niedersächsischen CDU und deren Spitzenkandidaten Bernd Althusmann. Dabei geht es unter anderem um die Arbeitszeit der Lehrer. [caption id="attachment_18564" align="aligncenter" width="780"] GEW-Chef Eberhard Brandt, Vize-Chefin Laura Pooth, Geschäftsführer Rüdiger Heitefaut (v.l.n.r.) - Foto: MB.[/caption] Die niedersächsische GEW-Spitze kritisiert, die CDU missachte die Tätigkeit der Arbeitszeitkommission sowie die groß angelegte Arbeitszeitstudie, die die Universität Göttingen im Auftrag der GEW erstellt hatte. Im Wahlprogramm der CDU heißt es, man wolle eine unabhängige Erhebung der Lehrerarbeitszeit auf den Weg bringen. „Das ist an Dreistigkeit und Ignoranz nicht zu überbieten“, sagte die stellvertretende GEW-Vorsitzende Laura Pooth und sprach von einer Provokation auf ganzer Linie. Die Studie der Universität Göttingen sei bundesweit einmalig. „Wir erwarten, dass der CDU-Spitzenkandidat die Studie ernst nimmt.“ „Wir fordern die CDU auf, diese Passage aus dem Wahlprogramm zu streichen und stattdessen hineinzuschreiben: ‚Wir arbeiten mit der Arbeitszeitstudie aus Göttingen und erkennen die Resultate der Arbeitszeitkommission an‘. Wenn das nicht passiert, wird die CDU einen massiven Gegenwind spüren“, drohte der scheidende GEW-Vorsitzende Eberhard Brandt. Die Klagen, die die Gewerkschaft gerade vorbereite, hätten laut Brandt auch ganz andere Chancen, wenn eine andere Landesregierung tatsächlich die Arbeit der Vorgängerregierung an dieser Stelle missachten würde. „Vielleicht brauchen ja manche Politiker die Lektion eines Oberverwaltungsgerichts, wenn es Ihnen an genügendem Verstand fehlt, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen“, schimpfte Brandt. https://soundcloud.com/user-385595761/gew-holzt-gegen-cdu-kandidat-althusmann Man erwarte von allen Parteien vor der Landtagswahl klare Äußerungen, ob sie die Ergebnisse der Göttinger Arbeitszeitstudie  als wesentliche Grundlage für die Beurteilung der Lehrer-Arbeitszeit anerkennen. Diese sei schließlich eine repräsentative Untersuchung und kein Gefälligkeitsgutachten. „Das ist eine Schlüsselfrage. Wir werden im Wahlkampf alle Antworten der Parteien veröffentlichen, und wir sind gewillt, robust vorzugehen. Kandidaten, die unsere Forderungen ablehnen oder ignorieren, werden auf ihren Wahlkampfveranstaltungen lebhafte Auftritte von Lehrern erleben“, so der GEW-Vorsitzende. Der Studie zufolge arbeiten zahlreiche Lehrer häufig mehr als 48 Stunden pro Woche, viele Teilzeitkräfte liegen deutlich über der vereinbarten Arbeitszeit. Für Pooth steht fest, dass die Unterrichtsverpflichtung zu hoch ist und gesenkt werden muss. „Wir Lehrer arbeiten gerne, die Arbeit mit Schülern macht richtig Spaß und es ist ein sinnvoller Beruf. Die Lehrer sind aber en gros überlastet. Darunter leidet auch die Unterrichtsqualität. Das sollte für Politik und Öffentlichkeit ein Alarmsignal sein.“ Pooth forderte für die GEW erneut, die Regelstundenzahl zu senken, damit jeder Lehrer weniger Stunden unterrichten muss. Für Ärger sorgt auch die Ankündigung im CDU-Programm, die Lehrer „von unterrichtsfremden, insbesondere nicht-pädagogischen Aufgaben“ zu entlasten. Im Programm heißt es: „Sie sollen mehr Zeit haben, sich auf ihre Kernaufgabe zu konzentrieren, für die sie gut ausgebildet wurden: auf guten Unterricht.“ Pooth kritisierte das scharf und nannte es einen desaströsen Plan. „Für Außenstehende klingt das plausibel, aber so simpel ist die Realität nicht. Wer meint, dass ein Lehrer nichts anderes als Unterricht machen muss, der hat den Sinn von Schule nicht verstanden. Eine Schule ist keine Fabrik, bei der eine Schicht abgerissen wird.“ Auch diesen Punkt solle die CDU aus dem Programm herausstreichen. Dagegen verteidigte die GEW, dass die Landesregierung aktuell Gymnasiallehrer an Grundschulen zwangsverpflichtet. Das liege auch daran, dass sich sehr viel mehr junge Menschen für das Studium für Gymnasiallehrer entschieden und nur wenige für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen, erklärte Eberhard Brandt. „Das ist natürlich nicht nett, wenn man in den Ferien eine Mail bekommt, dass man an einer anderen Schulform arbeiten soll. Für Polizisten und Steuerbeamte ist das aber Alltag.“ In diesem und im nächsten Jahr werde es in allen Bundesländern noch einen spürbaren Nachwuchsmangel bei Lehrkräften geben, prognostiziert die Gewerkschaft. Die Pensionierungswelle habe aber schon ihren Höhepunkt überschritten. Danach sein eine Entlastung vorauszusehen.  
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #128.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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