Eine Landesbeteiligung soll die Meyer-Werft in Papenburg retten. | Foto: Meyer-Werft

Die landespolitische Debatte in Niedersachsen führt diese Woche seltsamerweise zwei riesige industriepolitische Themen zueinander, die beide unter der Überschrift „Staatsbeteiligung“ stehen. In der plötzlich vom VW-Vorstand losgetretenen Debatte um Einsparungen und Werkstandort-Schließungen geht es darum, ob Volkswagen mit radikalen Strukturveränderungen seine Produktionskosten verringern kann. Dienstag wird dazu im Landtags-Wirtschaftsausschuss von der Regierung unterrichtet. Was die Meyer-Werft angeht, beschließt der Haushaltsausschuss am Mittwoch nicht nur eine Landesbürgschaft von knapp einer Milliarde Euro, sondern zudem noch den Einstieg des Landes (neben dem des Bundes) als Anteilseigner in der Werft. In beiden Unternehmen geht es um eine Rettungsaktion, in beiden Fällen spielt die Beteiligung des Landes eine zentrale Rolle für die Zukunft der Industrieproduktion.

„Es ist besser, 80 Prozent der Arbeitsplätze in der Automobilbranche langfristig zu schützen und produktiver zu machen, anstelle 100 Prozent aller Arbeitsplätze in der Branche zu gefährden“, sagt DIW-Präsident Marcel Fratzscher. | Foto: DIW Berlin/Florian Schuh

Der Unterschied zwischen VW und Meyer-Werft ist nun dieser: Die Werft braucht gegenwärtig einen Rettungsanker, der eine solide Basis für die kommende Kreditfinanzierung sichert. Dieser Weg soll, da kein anderer Investor sich meldete, über eine vorläufige Staatsbeteiligung laufen. Bei VW ist es anders, dort ist die Staatsbeteiligung seit Jahrzehnten verbindlich und sie steht auch nicht mehr in Frage. Die Macht von IG Metall und Landesregierung im Unternehmen hat sich über viele Jahre festgefügt, sie stellt eine verlässliche Basis dar und behinderte bisher auch den wirtschaftlichen Erfolg des Konzerns keineswegs. Einige Ökonomen, etwa Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, sehen den staatlichen Einfluss in beiden Fällen derzeit extrem kritisch. Was die Meyer-Werft angeht, herrscht die Sorge, dass zum Schutz der 3000 Arbeitsplätze und wegen der bestimmenden Rolle des Unternehmens in der Region Strukturen konserviert werden könnten, die womöglich nicht zukunftsfähig sind. Würde die Werft zerschlagen, könnte sich – nach dieser Theorie – etwas Neues und Vielversprechendes entwickeln, die Arbeitskräfte könnten neue Beschäftigungen finden. Die Staatsbeteiligung sei geeignet, diesen Prozess aufzuhalten.

Bei VW ist die Befürchtung der Kritiker eine andere. Sie lautet, dass die Machtbasis aus IG Metall und Landesregierung eine ausreichende Anpassung der Strukturen verhindern könnte. Liegt der hohe Preis von VW-Fahrzeugen daran, dass sie zu teuer in Deutschland produziert werden? Da das VW-Gesetz dem Land Niedersachsen eine Sperrminorität bei VW zusichert, ist die Schließung von niedersächsischen VW-Werken höchst unwahrscheinlich – denn die folgende Protestwelle wäre für jede Landesregierung wohl nur schwer auszuhalten. Jede faktische Bestandsgarantie für deutsche Werke jedoch birgt die Gefahr, dass die nötige Kostenbremse nicht wirklich wirken kann. Diese Bedingungen machen die Sanierungsaufgabe für den VW-Vorstand schwer, da ein Stellenabbau wohl nur über Vorruhestandsmodelle oder teure Abfindungen laufen kann. Ministerpräsident Stephan Weil weiß als VW-Aufsichtsratsmitglied um seine Macht und seinen Einfluss, gerade deshalb übt er beides höchst zurückhaltend aus, man kann sagen: „moderierend“. „Die reine Moderatorenrolle wird es aber nicht sein, da er irgendwann auch entscheiden wird“, erklärte Regierungssprecherin Anke Pörksen. Am Donnerstag hatten einige Medien die Idee einer Vier-Tage-Woche bei VW, wie es sie in den neunziger Jahren mal gegeben hatte, Weil direkt zugeschrieben. Die Staatskanzlei sah sich anschließend zu einer Klarstellung genötigt: Der Ministerpräsident käme derzeit nie auf die Idee, sich in dieser Weise direkt in die Gespräche zwischen Geschäftsführung und Gewerkschaft einzumischen.