Die Niedersächsin der Woche…
…ist 35 Jahre alt, gehört seit knapp zwei Jahren dem Bundestag an und kann in ihrer Partei als eine Hoffnungsträgerin angesehen werden. Bisher war es überregional noch recht still um sie. Doch ein Papier, das sie gemeinsam mit einer gleichaltrigen Kollegin geschrieben hat, änderte das in der zurückliegenden Woche schlagartig. Die Niedersächsin der Woche…
…heißt Siemtje Möller, kommt aus Varel (Kreis Friesland) und gehört im Bundestag dem Verteidigungs- wie dem Petitionsausschuss an.
Siemtje Möller hat in Oldenburg ihr Abitur gemacht und danach in Göttingen Spanisch, Französisch und Politik auf Lehramt studiert. Sie wurde Lehrerin – und ist nun seit Herbst 2017 im Bundestag. Wie ruppig es in der Politik zuweilen zugeht, hat sie auch am eigenen Leib erfahren. Die heftigen innerparteilichen Anfeindungen und Intrigen, die dem SPD-Landtagsabgeordneten Jochen Beekhuis zugeschrieben werden, hatten unter anderem auch Siemtje Möller zur Zielscheibe. Sie reagierte darauf mit kühlem Kopf – aber auch mit einer klaren Distanzierung. In diesen Zeiten erfuhr sie aus der eigenen SPD im Oldenburger Land eine Welle der Solidarität.In der vergangenen Woche nun hat sich Siemtje Möller gemeinsam mit der gleichaltrigen SPD-Bundestagsabgeordneten Wiebke Esdar aus Bielefeld zusammengetan und ein sechsseitiges Memorandum zum Zustand der SPD verfasst. Das kann als Entgegnung auf das Papier der SPD-Linken Matthias Miersch, Kevin Kühnert und Ralf Stegner, das gleich nach der Europawahl veröffentlicht wurde. Die drei linken Männer in der Partei ließen darin offen ihre Sympathie für eine Kooperation mit Grünen und Linkspartei erkennen, außerdem rügten sie, der Kapitalismus sei „zu tief in sensibelste Bereiche der Gesellschaft vorgedrungen“ und müsse „zurückgedrängt werden“.
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Bei Möller und Esdar klingt das ganz anders. Sie lehnen eine „umständliche Systemfrage“ ab und sagen, die SPD brauche „eine smarte und umsetzbare Kapitalismuskritik“. Dabei könne es um Themen wie Vermögen- und Erbschaftsteuer oder Spitzensteuersatz gehen. Möller und Esdar grenze sich ab von „Besserwissereien Ehemaliger“ und „von Genossen, die radikal sein wollen, aber in der Abstraktheit ihrer Äußerungen an den tatsächlichen Lebensumständen vorbeiargumentieren“. Das kann man, wenn man will, als Positionsbestimmung der Nicht-Linken Pragmatiker in der SPD verstehen. Die SPD, schreiben beide, dürfe nicht „zerrieben werden zwischen linkem Öko-Populismus und rechtem Angstmachen“. Möller und Esdar fordern eine Bildungsoffensive, in der die Chancen der Digitalisierung vermittelt und genutzt werden. Sie wollen „eine Durchsetzung des Rechtsstaats“ und schreiben: „Nicht jede Abschiebung ist ein Härtefall. Wer kein Recht auf einen Aufenthalt in Deutschland hat, muss das Land verlassen.“ Außerdem bekennen sie sich Freundschaft mit den USA und fordern, Deutschland müsse „eine aktivere Rolle in Europa und in der europäischen Säule der Nato übernehmen“.
Kritik wird am DGB geübt: „Unsere natürlichen Partner, die Gewerkschaften, haben in den letzten Jahren eine sehr verantwortliche Rolle als Tarifpartner gespielt, diese aber nach innen oft mit einer Verbalrabulistik kompensiert, die in erster Linie der Linkspartei geholfen hat.“ Das Papier der beiden Politikerinnen trägt die Überschrift „Mit heißem Herzen“, es ist eine klare Positionsbeschreibung – und für Möller womöglich der Beginn einer stärkeren bundesweiten Aufmerksamkeit für ihre Haltung. Dafür gebührt ihr in dieser Woche die Krone vom Politikjournal Rundblick. Die Redaktion gratuliert ihr dazu!