Die Koalition steht: Grüne übernehmen vier Ministerien, neue Gesichter bei der SPD
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Grünen-Spitzenkandidatin Julia Hamburg wollen heute in ihren Fraktionen die Vereinbarungen zum neuen Koalitionsvertrag vorstellen. Mit breiten Mehrheiten in beiden Parteien wird gerechnet – auch am Wochenende, wenn die Landesparteitage von SPD und Grünen darüber abstimmen werden. Die Grünen sollen vier Ressorts übernehmen. Julia Hamburg wird das Amt der Vize-Ministerpräsidentin übernehmen und auch Chefin im Kultusministerium. Zweiter wichtiger Grünen-Minister wird Gerald Heere aus Hannover als neuer Finanzminister. Der Co-Spitzenkandidat im Wahlkampf, Christian Meyer, übernimmt das Umweltministerium, die Agrarpolitikerin Miriam Staudte wird Chefin im Landwirtschaftsministerium.
Gerade um die Position von Hamburg war bis zuletzt heftig gerungen worden, viele Berater der Grünen-Führung hatten ihr davon abgeraten, das Kultusministerium anzusteuern. So bemühten sich die Grünen in den Verhandlungen, Hamburg für das Wirtschaftsministerium zu empfehlen. Das Kultusressort gilt als schwer regierbar, außerdem hat jeder Kultusminister mit einer großen Gruppe von ständig unzufriedenen Menschen zu tun.
Aber Hamburg ist leidenschaftliche Bildungspolitikerin, außerdem gab es großen Erwartungsdruck in der Wirtschaft und auch in der SPD, dass Olaf Lies als starker Minister der SPD neuer Wirtschaftsminister werden soll. Das geschieht nun auch so, Lies soll den Baubereich auch vom Umwelt- ins Wirtschaftsministerium mitnehmen. Der bisherige Kultusminister Grant Hendrik Tonne (Nienburg) soll neuer Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion werden. Ihm trauen viele in der Partei zu, mit Fachkenntnis und Umsicht die Geschlossenheit der größten Regierungsfraktion herstellen zu können.
Neue Gesichter bei der SPD
Die bisherigen sozialdemokratischen Minister Boris Pistorius (Innen) und Daniela Behrens (Soziales) bleiben auf ihren alten Posten. Veränderungen stehen an im Ministerium für Regionales, Bundes- und Europaangelegenheiten. Die bisherige Ministerin Birgit Honé hatte intern signalisiert, dass sie sich nach vielen Jahren politischer Arbeit aus der ersten Reihe zurückziehen will.
Wiebke Osigus | Foto: SPD Fraktion Nds Kathrin Wahlmann | Foto: SPD Falko Mohrs | Foto: Thomas Koschel
Im Gespräch für die Nachfolge ist die SPD-Abgeordnete Wiebke Osigus (Neustadt am Rübenberge). Für die Spitze des Justizministeriums soll die Osnabrücker Richterin und frühere Landtagsabgeordnete Kathrin Wahlmann Favoritin sein. Die 45-jährige Wahlmann und die 41-jährige Osigus würden ein Zeichen der Erneuerung in der SPD-Mannschaft setzen. Das gilt auch für den nächsten Wissenschaftsminister, der an den SPD-Bezirk Braunschweig fallen soll. Im Gespräch für das Amt ist der Bundestagsabgeordnete Falko Mohrs (38) aus Wolfsburg. Die Braunschweiger legen großen Wert auf das Wissenschaftsressort und verknüpfen damit die Hoffnung auf Rückenwind für ihre durchaus umstrittene Idee, das Klinikum Braunschweig zum Universitätskrankenhaus aufzuwerten.
Neue Landtagspräsidentin: Hanna Naber?
Am Montag hatte es zunächst so ausgesehen, als könne die hannoversche Landtagsabgeordnete Thela Wernstedt neue Landtagspräsidentin werden. Die Ärztin ist die Tochter des früheren Parlamentspräsidenten Rolf Wernstedt. In der Nacht von Montag auf Dienstag verdichteten sich dann aber Pläne der SPD-Führung, davon abzuweichen. Vorgeschlagen für dieses Amt wird vielmehr die bisherige SPD-Generalsekretärin Hanna Naber aus Oldenburg. Wie es heißt, spreche der Bezirksproporz für diese Personalie. Wernstedt gehört dem SPD-Bezirk Hannover an, Naber dem SPD-Bezirk Weser-Ems. Da sowohl der Ministerpräsident Stephan Weil als auch der neue SPD-Fraktionsvorsitzende Grant Hendrik Tonne aus dem Bezirk Hannover kommen, dürfe nicht auch noch das Amt der Landtagspräsidentin an eine Hannoveranerin fallen, hieß es. Andere entgegneten, Wernstedt sei die fachlich am besten geeignete Bewerberin für das Amt der Parlamentspräsidentin. Die 51-jährige Diplompädagogin Hanna Naber ist seit 2017 Landtagsabgeordnete, sie hatte sich vor Beginn ihrer Landtagstätigkeit vor allem in der Arbeiterwohlfahrt im Bezirk Weser-Ems engagiert. Sie ist seit 2020 SPD-Generalsekretärin.
Mit der Wahl von Hanna Naber wird der SPD-Bezirk Weser-Ems allerdings erheblich gestärkt. Er stellt drei Minister (Olaf Lies, Boris Pistorius und Kathrin Wahlmann) und die Landtagspräsidentin. Der SPD-Bezirk Braunschweig indes ist nur mit einem einzigen Minister vertreten und wird vermutlich in der nächsten Landesregierung drei Staatssekretäre stellen.
Artikel aktualisiert am 01.11.2022 um 11:00
Dieser Artikel erschien am 01.11.2022 in der Ausgabe #192.
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