
Richter und Staatsanwälte sollen im Gerichtssaal auf religiöse und weltanschauliche Symbole - ganz gleich welcher Glaubensrichtung - verzichten.
Rundblick: Diese Vorgaben sollen für alle Menschen im Gerichtsaal gelten?
Havliza: Ich will nicht allen, die vor Gericht erscheinen, diese Auflage machen. Eine Rechtsanwältin, die ein Kopftuch trägt, darf dies weiterhin tun. Es geht mir um Richter und Staatsanwälte, weil diese den Staat repräsentieren. Sie sollen die Neutralität, die ihnen durch Gesetz vorgegeben ist, auch symbolisieren.
Rundblick: Eigentlich ist der Trend in den Gerichten doch gegenläufig, Kleidervorschriften waren früher mal…
Havliza: Ja, es hat sich einiges geändert. Es gibt natürlich noch die Anordnung über die Amtstracht, wonach zum Beispiel Roben mit Samtbesatz oder für Männer der so genannte weiße Lang- oder Querbinder vorgeschrieben sind. Aber insbesondere bei den Amtsgerichten werden diese Vorschriften eher locker gesehen. Grundsätzlich habe ich auch nichts gegen die Lockerung von Vorschriften. Aber wenn es um das Thema Neutralität und um religiöse Gefühle geht, müssen wir sehr vorsichtig sein. Wir sollten nicht riskieren, dass es beispielsweise zu Befangenheitsanträgen kommt, weil ein Staatsanwalt religiöse Symbole zeigt. In öffentlichen Verhandlungen muss die religiöse Überzeugung von Richtern und Staatsanwälten auch optisch zurückstehen. Es darf nicht der Hauch eines Zweifels an der Neutralität der Justiz aufkommen. Hier kann das Argument der Glaubensfreiheit nicht gelten. Das Rechtsstaats- und Neutralitätsgebot rechtfertigen nach meiner Auffassung an dieser Stelle die Einschränkung der individuellen religiösen Freiheit, zumal es nur um die optisch wahrnehmbare religiöse Ausrichtung geht.
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