Bis zum Nachmittag des 4. November können die acht CDU-Bezirksvorstände in Niedersachsen noch Vorschläge einreichen für die Frage, wer Nachfolger des scheidenden CDU-Landesvorsitzenden Bernd Althusmann werden soll. Ein Verband hat sich gerührt – die Hannoveraner unter Vorsitz des Bundestagsabgeordneten Hendrik Hoppenstedt schlagen Sebastian Lechner (41) vor, den bisherigen CDU-Generalsekretär, der seit 11. Oktober auch die CDU-Landtagsfraktion führt, damit also Oppositionsführer ist.

Favorit auf die Nachfolge von Bernd Althusmann als Parteichef in Niedersachsen: Sebastian Lechner. | Foto: Link

Mit weiteren Bewerbungen wird nicht gerechnet, obwohl bis zum späten gestrigen Abend noch die Ostfriesen getagt hatten. Dort ist die Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann (58) zuhause, die eine Neigung zu kraftvollen, zuweilen etwas schrillen öffentlichen Auftritten hat. Es war spekuliert worden, sie könne auch die CDU-Spitze anstreben. Doch danach sieht es nun mittlerweile nicht mehr aus.

Das politische Kräftefeld in der CDU hat sich in den vergangenen Tagen geordnet: Die Ostfriesen wollen Connemann als Ausgleich für ihre Nicht-Kandidatur als Vorsitzende gern für einen der drei Vize-Landesvorsitzenden vorsehen, neben Reinhold Hilbers (Grafschaft Bentheim) und Lena Düpont (Gifhorn) – dann nämlich, wenn Fritz Güntzler (Göttingen) auf das Schatzmeisteramt wechseln würde. Die Reaktionen darauf sind geteilt, manche halten es für eine gute Idee, andere für ein unwürdiges Koppelgeschäft, das mehr nach Intrige als nach Verständigungslösung klinge. Am Aufstieg von Lechner indes dürfte dieser Streit nicht mehr viel ändern, zumal auch die Hannoveraner sich geeinigt haben.

Gitta Connemann bei einer Rede auf dem Bundesparteitag der CDU in Hannover. | Foto: Link

Lange war über eine Team-Lösung diskutiert worden, Lechner als Fraktionschef im Landtag und Hendrik Hoppenstedt mit Bundestagsmandat als CDU-Landeschef, der die Partei organisatorisch und programmatisch voranbringt, auch liberales Gedankengut einspeist. Verstanden hätten sich beide wohl, aber in der Landtagsfraktion mehrten sich Stimmen, die auf den Nachteil eines hohen Abstimmungsbedarfs bei einem Tandem hinwiesen. „Dann wird man ständig nach Dissonanzen zwischen beiden suchen“, sagt ein CDU-Vorstandsmitglied, „damit würden beide nicht glücklich“.

Also verzichtete Hoppenstedt auf eine Bewerbung. Für Lechner heißt das nun, dass alle Blicke fortan auf ihn gerichtet sind – er ist das Gesicht der CDU, für manche damit ziemlich sicher auch schon der, der bei der Landtagswahl 2027 als CDU-Ministerpräsidentenkandidat antreten wird, obwohl eine solche Perspektive in dieser schnelllebigen Zeit gewagt wäre. Dass ausgerechnet Lechner derjenige ist, der als CDU-Generalsekretär hauptverantwortlich war für den verlustreichen Landtagswahlkampf, macht die Sache für ihn nicht einfacher.

Hendrik Hoppenstedt: Foto: Tobias Koch

Wie bei vielen Politikern sind es auch bei Lechner die Gegensätze oder Vielschichtigkeiten, die seine Persönlichkeit prägen: Er kommt aus der Jungen Union, die über Jahre von Seilschaften junger, eher konservativer und aufstiegswilliger Männer geprägt war. Das kann man derzeit auch erkennen, wenn man die aktuellen Abläufe in der CDU beobachtet. Schon gibt es von Älteren in der CDU die ersten Hinweise, man müsse sich ein warnendes Beispiel an der FDP zur Zeit des Bundesparteichefs Philipp Rösler (2009 bis 2011) nehmen.

Damals wirkten in der FDP rund um Rösler viele junge, gut miteinander bekannte Männer zusammen und teilten sich die Macht – im Ergebnis aber scheiterten sie, da der Klüngel zu sehr auf sich selbst bezogen und zu wenig offen für Gedanken von außen war. Doch Lechner steht andererseits auch für die großstädtische und moderne CDU. Er war Startup-Unternehmer, schätzt moderne Kommunikationsformen und hat beispielsweise die paritätische Liste für die Landtagswahl durchgesetzt.

Könnte nächster Generalsekretär der CDU in Niedersachsen werden: Marco Mohrmann. |Foto: CDU

Freunde sagen, er trete umsichtig auf und fördere vielfältige Positionen – lasse aber keinen Zweifel daran, wer der Chef ist. Als neuen Generalsekretär dürfte Lechner den CDU-Landtagsabgeordneten Marco Mohrmann (49) aus Zeven benennen, einen promovierten Agraringenieur mit organisatorischem und strategischem Geschick. Er gehört zweifellos auch zur „Boy-Group“ rund um Lechner, ist aber jemand, der beispielsweise eine radikale Reform der CDU-Strukturen entwerfen und vorantreiben könnte.



Mohrmann repräsentiert die „ländliche“ CDU, ist zugleich offen für Neuerungen und zählt auch zu denen, die für eine schwarz-grüne Annäherung aufgeschlossen waren. Überlegungen, eine junge Frau mit liberalem Image als Generalsekretärin vorzuschlagen, haben sich offenbar nicht verdichtet.