27. Mai 2018 · 
Inneres

Deutsch-niederländische Kooperation: Viel Lob, aber immer noch Probleme

Mehr als zehn Jahre hatte man den Ärger, die Bewegung auf beiden Seiten war zeitweise minimal. Doch inzwischen läuft der Windpark Borkum-Riffgat in der Nordsee, und von Grenzstreitigkeiten zwischen Deutschland und den Niederlanden ist keine Rede mehr. Hat sich das Verhältnis der beiden Nachbarländer insgesamt verbessert? „Die Kooperation ist gut, vor allem in der Ems-Dollart-Region, einem Zweckverband mit Landkreisen und Regionen auf beiden Seiten der Grenze“, sagt Johanne Modder, Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion. Sie wohnt in Bunde bei Leer, also quasi im „Grenzgebiet“. Der Landrat der Grafschaft Bentheim, Friedrich Kethorn (CDU), erkennt „große Fortschritte“ in der gegenseitigen Zusammenarbeit. Unterschiede in den Mentalitäten gebe es sicher – die Holländer würden vieles „lockerer“ sehen und hätten oft stringentere Positionen als die Deutschen. Doch Kethorn meint, dass die emotionalen Hürden vor 30 oder 40 Jahren doch viel höher gewesen seien als heute. Am 6. Juni wird in Nordhorn bei einem Festakt die „erfolgreiche grenzüberschreitende Zusammenarbeit“ gefeiert, die sich im 50-jährigen Bestehen der Raumordnungskommission niederschlägt. Bei dieser Gelegenheit werden viele Reden gehalten und das Gemeinsame wird betont werden. Wie Landrat Kethorn meint, gibt es dazu auch genügend Anlässe. Allerdings stoße ein Zusammenwachsen in der Grenzregion noch auf verschiedene Hindernisse, wie am Beispiel des grenzüberschreitenden Gewerbeparks Emlichheim-Coevorden deutlich werde. Das Gebiet liegt mitten auf dem Grenzstreifen, etliche Firmen haben sich schon angesiedelt, eine Müllverbrennungsanlage ebenfalls. „Es läuft schon viel, aber es könnte noch mehr laufen“, sagt der Landrat. So schreite manche Ansiedlung nicht so schnell voran, weil das Baurecht in den Niederlanden ein anderes ist als das in Deutschland – und eine Klärung, im gesamten Gebiet einheitliche Regeln anzuwenden, gibt es bisher nicht. Das nächste Thema ist das Arbeitsrecht. Soll ein Unternehmer in dem Gewerbepark die Mitarbeiter nach holländischem oder deutschem Recht beschäftigen? Weil die Abgrenzung mitunter schwierig ist, auch was Sozialabgaben, Kranken- und Rentenversicherung angeht, sind „gemischte Belegschaften“ noch nicht die Regel. Kethorn nennt noch ein Problem: Auf deutscher Seite, in der Grafschaft Bentheim, ist die Arbeitslosigkeit gering, auf holländischer Seite ist sie viel höher. Aber der Versuch, niederländische Jugendliche in deutschen Firmen auszubilden, scheitere oft an systematischen Unterschieden – an Ausbildungswegen ebenso wie an der in Holland weit höheren Ausbildungsvergütung. SPD-Landtagsfraktionschefin Modder ergänzt, zur richtigen Zusammenarbeit müsse auch die gegenseitige Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen gehören – und die sei noch nicht gewährleistet, etwa in der Alten- und Krankenpflege. Im Studiengang Sozialpädagogik in Enschede gebe es viele gute Absolventen, meint Kethorn. „Doch wenn sie erst in Deutschland noch zwei Semester dranhängen müssen, ist das für viele eben nicht mehr attraktiv.“ Immerhin konnten in vielen Streitfragen Wogen geglättet und Probleme entschärft werden. Der Ausbau des Kohlekraftwerks Eemshaven, den Deutschen ein Dorn im Auge, sollte eine Nummer kleiner geschehen als zunächst geplant. Die Umwandlung des alten Militärflughafens in Enschede in einen Zivilflughafen wurde gestoppt – wohl auch in der Einsicht, dass wegen des nahegelegenen Flughafens Münster-Osnabrück kaum ein wirtschaftlicher Betrieb möglich wäre. Ob bei Ochtrup in Nordrhein-Westfalen das Outlet-Center vergrößert werden soll, was vielen Geschäftsleuten in angrenzenden Städten nicht gefällt, soll in der Raumordnungskommission ebenfalls beraten werden.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #98.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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