In diesem Jahr weicht die niedersächsische SPD von der gewohnten Übung ab, die Journalisten zu ihrer Vorstands-Klausurtagung in die Volkshochschule nach Springe einzuladen. Ob es daran liegt, dass in diesem Jahr ein besonders heikler Punkt besprochen wird? Am Dienstag, 1. April, wird Ministerpräsident Stephan Weil gleich am Morgen in Springe einen Vortrag über die „aktuelle landespolitische Lage“ halten. Es wird allgemein damit gerechnet, dass Weil bei dieser Gelegenheit seinen Verzicht auf eine neue Kandidatur für den SPD-Landesvorsitz beim bevorstehenden Parteitag am 24. Mai verkünden wird. Viel spannender noch ist das daran anschließende Signal für die politischen Folgen in der Landesregierung. Einiges spricht dafür, dass Weil auch über seinen vorzeitigen Rückzug als Regierungschef sprechen wird. Es gab in den vergangenen Tagen Hinweise auf eine mögliche Neuwahl des Ministerpräsidenten im Landtag im Herbst dieses Jahres oder sogar noch vor der Ende Juni beginnenden Sommerpause – also gut zwei Jahre vor Ablauf der Legislaturperiode. Der Bewerber für die Nachfolge als Ministerpräsident wäre dann der bisherige Wirtschaftsminister Olaf Lies.

Pensionsalter erreicht: Jörg Mielke. | Foto: Wallbaum

Vor dem heutigen Termin gab es eine Menge Unwägbarkeiten, die auch darin begründet sind, dass Weil nur ganz wenige Genossen in seine Pläne eingeweiht hat. Daher sind viele Fragen tatsächlich auch für SPD-Funktionsträger noch offen. Als Favorit für den Landesvorsitz der SPD gilt Wirtschaftsminister Olaf Lies. Die Alternative, Innenministerin Daniela Behrens, wird in SPD-Kreisen als „unwahrscheinlich“ eingestuft – da Behrens längst nicht den Rückhalt in der Partei hat wie der beliebte Lies. Die nächste Frage ist, wann ein vorzeitiger Abschied von Weil als Ministerpräsident vorstellbar wäre. Sein enger Wegbegleiter und Chef der Staatskanzlei, Jörg Mielke, hat im Juni 2024 sein 65. Lebensjahr vollendet. Wenn er keinen Antrag auf Verlängerung gestellt haben sollte, würde er wohl im August dieses Jahres regulär aus dem Amt scheiden. Sollte Weil länger Ministerpräsident bleiben wollen, müsste er in diesem Fall einen neuen Leiter für die Staatskanzlei berufen. Falls aber Weil und Mielke, die 2013 zusammen gekommen waren, auch zusammen gehen wollen, böte sich für Weil ein Rücktritt schon im Juni dieses Jahres an.

Wechsel in die Landespolitik? Matthias Miersch. | Foto: Fionn Große

Der Wechsel im Amt des Ministerpräsidenten würde eine Kabinettsumbildung auslösen. Es wird dann einen neuen Wirtschaftsminister geben – und aus Proporzgründen müsste es idealerweise eine Frau sein, die dem SPD-Bezirk Hannover zugeordnet wird. Spekuliert wurde schon über die Continental-Personalchefin Ariane Reinhart. Nicht unwahrscheinlich wäre auch, dass das Europaministerium entweder aufgelöst und der Staatskanzlei zugeordnet wird – oder aber die glücklose Ministerin Wiebke Osigus durch eine andere Ministerin ersetzt wird. Diese müsste dann wieder aus dem SPD-Bezirk Hannover stammen. Im Strudel der Personalpläne wird immer wieder auch der Name von SPD-Generalsekretär Matthias Miersch genannt. Er ist Chef des SPD-Bezirks Hannover, seit 20 Jahren Bundestagsabgeordneter und könnte neuer Wirtschaftsminister werden. Dazu müsste er von der Bundes- auf die Landesebene wechseln. Dies wäre auch ein Weg, das momentane Überangebot niedersächsischer SPD-Männer in der Bundespolitik (Lars Klingbeil, Boris Pistorius, Hubertus Heil, Matthias Miersch) etwas auszudünnen und für einen aus diesem Kreis eine Ausweichlösung in der Landespolitik anzubieten. Nach Lage der Dinge könnte dies wohl – wegen des Regionalproporzes – nur Miersch als Hannoveraner sein.