26. Jan. 2020 · 
Bildung

Der Bückeberg wird zum Lernort über die NS-Zeit

Es wurden vor ein paar Tagen schon erste kritische Stimmen in der Region Hameln laut: Der Bückeberg in der Gemeinde Emmerthal, der in der NS-Zeit zwischen 1933 und 1937 jährlich als Kulisse für reichsweite „Erntedankfeiern“ diente, sieht immer noch so aus wie in den vergangenen Jahrzehnten – unschuldig, verwechselbar und trist. Vom Aufbau eines „Lern- und Erinnerungsortes“, der bereits beginnen sollte, sieht man bisher wenig. Woran das liegt, erläutert der Geschäftsführer der kreiseigenen Bückeberg-Gesellschaft, Alexander Remmel, im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick: Mit dem Gesamtprojekt dürfe er erst starten, sobald alle Finanzierungszusagen vorliegen. Dabei geht es um nicht weniger als sieben verschiedene Institutionen. Von fünf Stellen gibt es schon grünes Licht, so von der Klosterkammer, der Stiftung Niedersachsen, der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, der Bingo-Stiftung und vom Kreis Hameln-Pyrmont. Die beiden Stellen, auf die noch gewartet wird, sind der Bund, hier besonders die Dienststelle der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM), sowie das Land Niedersachsen, hier vertreten durch das Amt für regionale Landesentwicklung (ArL) in Hildesheim. Die BKM koordiniert das Projekt und leistet mit 725.000 Euro den größten Teil am Vorhaben, das auf insgesamt 1,33 Millionen Euro geschätzt wird. Die Prüfung ist noch nicht beendet. Das liegt womöglich auch daran, dass eine wichtige Zusage der EU über 125.000 Euro noch nicht vorliegt. Dafür ist wiederum das ArL verantwortlich. Im Mai 2019 hatte Remmel den Antrag auf die EU-Förderung eingereicht, eine Entscheidung steht noch aus.
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Das spannende Vorhaben, den jahrzehntelang unbeachtet gebliebenen Bückeberg endlich als historischen Ort zu begreifen und hier der Nachwelt das früher Geschehene zu vermitteln, hängt damit im Geflecht bürokratischer Detailfragen gefangen. Remmel betont, dass niemand den Fortschritt blockiere, dass die Verzögerungen lediglich in den Umständen begründet sind, die ein großes Vorhaben mit sieben verschiedenen Geldgebern nun mal mit sich bringt. Erschwerend kommt die Vielfalt auf der Seite der Landesbehörden hinzu: Das Wissenschaftsministerium ist beteiligt, das Agrarministerium, die Denkmalschutzbehörden und die Domänenverwaltung. Die Frage, wie die Eigentümerschaft für das Gelände (bisher Domänenverwaltung) geregelt werden soll, ist mittlerweile grundsätzlich geklärt. Es soll ein „Gestattungsvertrag“ zwischen dem Land der Bückeberg-Gesellschaft geschlossen werden, damit bleibt die Fläche grundsätzlich im Landesbesitz. Ohnehin berühren die Bereiche für Wege, Info-Tafeln, Stellplätze und WC-Anlagen, die geplant sind, den eigentlichen Bückeberg nur marginal, sie nehmen nach Remmels Schätzung drei Prozent der Fläche in Anspruch. Der Vertragsentwurf liegt vor, geschlossen ist er noch nicht.

Gedenkort ist bedeutsam, um NS-Propaganda zu verstehen

Die Befürworter des Lern- und Erinnerungsortes hatten lange Zeit die Hoffnung, schon im Herbst 2019 könnten alle nötigen Genehmigungen vorliegen. Dann wäre schon Gelegenheit gewesen, einige Büsche und Bäume rund um die Ehrentribüne auf der Spitze des Berges zu beseitigen. Dies ist in jedem Jahr nur zwischen November und Ende Februar möglich. Nun wird es damit knapp. Remmel hofft dennoch, den Aufbau der wesentlichen Elemente des Lernortes in diesem Jahr erledigen zu können. Dazu gehört auch eine radargestützte Tiefenuntersuchung des Geländes. Zur NS-Zeit, als hier hunderttausende Menschen regelmäßig zusammenkamen, um militärische Vorführungen zu sehen und Adolf Hitler zu hören, hat es auf dem Berg viele Kabelkanäle und Drainagen gegeben. Sie sind jetzt von der Erde bedeckt. Aus Sicht der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten ist der Bückeberg ein herausragendes Beispiel dafür, wie die Nazis mit geschickter Inszenierung von Massenveranstaltungen ihre propagandistische Kraft entfalten – und viele Menschen verführen konnten. Zur Aufklärung über die Funktionsweisen der Gesellschaft im Nationalsozialismus gehöre das Wissen über die Bedeutung des Bückeberges unbedingt dazu.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #016.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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