Demo ohne Parteitag: AfD-Gegner treffen sich in Hannover
Die Gegner von Niedersachsens AfD-Chef Armin-Paul Hampel im Landesverband haben sich in Hannover-Misburg getroffen – und viele von ihnen haben die Faust in der Tasche geballt. Sie wollen den umstrittenen Landesvorsitzenden endlich loswerden, doch der wehrt sich nach Kräften. Nun zeichnet sich ab, dass Mitte März ein Landesparteitag die Klärung herbeiführen könnte. Doch kann sich Hampel bis dahin wieder festigen? Derzeit jedenfalls wirken seine innerparteilichen Kritiker geschlossener denn je.
Ein eiskalter Wind pfeift über den Platz vor dem Bürgerhaus in Hannover-Misburg. Dieser schon an sich nicht sonderlich einladend wirkende Ort scheint an diesem Sonnabend noch etwas ungastlicher als sonst. Ein Dutzend Anhänger der Antifa hat sich vor dem Gebäude aufgestellt, dazu ein Plakat mit der Aufschrift „Unsere Alternative heißt Solidarität“. Aber diese Gruppe bleibt unbeachtet. Direkt zwischen Bürgerhaus und Parkplatz sind 250 AfD-Mitglieder zusammengekommen, sie wirken wie bei einem Klassentreffen. Es wird gescherzt und gelacht, man begrüßt und umarmt sich. Kein Zweifel: Die Anwesenden sind sich einig, und das will in dieser zerstrittenen AfD etwas heißen. Sie alle verbindet die entschiedene Ablehnung des Landesvorsitzenden Armin-Paul Hampel. Sie wollen ihn möglichst schnell loswerden.
Eigentlich hätte dies an diesem Tag hier geschehen sollen. Nach verwirrenden Einladungen im Vorfeld, Hampel hatte zunächst ins Eichsfeld eingeladen, seine Stellvertreter nach Hannover, verständigte man sich nach Weihnachten auf Hannover-Misburg. Es schien nach viel Hin und Her dann doch alles hinauszulaufen auf eine entscheidende Veranstaltung an diesem Wochenende – nämlich die Entscheidung eines Sonderparteitags über mehrere Anträge, Vorstandsmitglieder abzuwählen. Dazu wäre jeweils eine Zweidrittelmehrheit nötig geworden, aber die Hampel-Kritiker waren zuletzt sogar optimistisch, diese hohe Hürde überspringen zu können. Denn der Unmut gegen Hampel habe sich zugespitzt, heißt es. Die mächtigen Verbündeten im mitgliederstarken Kreisverband Hannover hatte der Landesvorsitzende sowieso schon seit September verloren. Vergangenen Donnerstag nahm Hampel an einem Treffen hannöverscher AfD-Mitglieder teil, dabei sollen Anwesende aufgestanden sein und „Rück-tritt, Rück-tritt!!“ gerufen haben.
Am gleichen Abend sagte Hampel, der derzeit eine knappe Mehrheit von einer Stimme im Landesvorstand auf seiner Seite hat, den zuvor von ihm eingeladenen Parteitag kurzfristig wieder ab. Die Gefahr von Anfechtungen sei wegen der verwirrenden Aussagen über Termin und Ort im Vorfeld zu groß gewesen, sagte er zur Begründung. Sogar viele seiner Kritiker teilen diese Einschätzung ausdrücklich. Aber sie erkennen trotzdem, dass Hampel es wieder einmal geschafft hat, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Seine drohende Abwahl bleibt wieder einmal aus – und ungewiss ist, wann es nun demnächst einen Sonderparteitag geben wird. 21 Kreisverbände, eine erdrückende Mehrheit, fordern diesen Weg. Die meisten Akteure dort sind von Hampel-Kritikern und echten Hampel-Gegnern mutiert. Die Gegner des Vorsitzenden fühlen sich stärker denn je – aber sie sehen noch keinen Weg aus der Krise. Der Bundesvorstand verzichtet, obwohl zunächst vor Weihnachten ein anderer Beschluss vorlag, auf eine Entmachtung des Landesvorstandes. Der formale Grund dazu, dass nämlich dort sechs Hampel-Anhänger sechs Hampel-Gegnern gegenüberständen, ist auch nicht mehr gegeben. Vor Weihnachten trag Thomas Ehrhorn, Hampel-Gegner, aus dem Vorstand zurück. Damit hat Hampel nun wieder eine hauchdünne Mehrheit im Landesvorstand, der Vorwurf der Handlungsunfähigkeit ist somit vom Tisch.
Einmischung des Bundesvorstands unwahrscheinlich
Aber AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen und ein weiteres Bundesvorstandsmitglied wollen sich immerhin inzwischen als Vermittler einschalten, heißt es. Meuthen sei auch hinreichend empört über den Stil von Hampel, wird von den Hampel-Kritikern kolportiert. Ein Telefonat zwischen beiden soll kürzlich abrupt beendet worden sein, was für eine größere Verstimmung spricht. Dass sich der Bundesvorstand aber einmischen und die Hampel-Gegner in Niedersachsen unterstützen würde, ist kaum absehbar – ein solches Einschreiten könnte auch nach hinten losgehen.
Sieben Landtagsabgeordnete gegen Hampel
In Hannover-Misburg sind sie nun alle gekommen, die Wortführer der Hampel-Gegner der AfD Niedersachsen. Dazu gehören die Bundestagsabgeordneten Jörn König aus Hannover, Chef des Kreisverbandes Hannover-Stadt und Vize-Landesvorsitzender, und Wilhelm von Gottberg aus Lüchow-Dannenberg, ebenfalls Vize-Landesvorsitzender. Aus Peine ist der dritte stellvertretende Landesvorsitzende Oliver Westphal gekommen, mehrere Kreisvorsitzende sind erschienen und als wichtige Figur tritt auch Dana Guth aus Göttingen auf, die Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion. Von den neun AfD-Landtagsabgeordneten zählen sieben klar zu den Hampel-Gegnern. Es sei wichtig, sagt Guth dem Politikjournal Rundblick, dass sich die Kritiker des Landesvorsitzenden jetzt vernetzen und eng ihre Informationen austauschen. Man müsse auch die Empörung und Wut vieler AfD-Mitglieder, die das Beharrungsvermögen des angeschlagenen Landesvorsitzenden zunehmend als nicht mehr nur lästig, sondern schon parteischädigend empfinden, kanalisieren.
Wann kann es den Parteitag geben?
Am Rande wird darüber geredet, wann ein Sonderparteitag kommen könne. Im Februar? Das ist wohl zu früh. Mitte März? Das ist aus Sicht vieler Hampel-Kritiker sehr lange hin, bis dahin könne sich in der politischen Stimmung schon viel wieder geändert haben. Die Entscheidung, soviel ist klar, trifft der Landesvorstand – und in dem hat Hampel derzeit eine knappe Mehrheit. Den Hampel-Gegnern bleibt dagegen nur das Gefühl ihrer engen Verbundenheit. Zum Abschluss des Treffens vor dem Gebäude, in dem eigentlich der entscheidende Parteitag hätte stattfinden sollen, trifft man sich abschließend noch zum Gruppenfoto. Die Daumen werden nach oben gestreckt, als Zeichen demonstrativer Siegesgewissheit. (kw)