Beitragsfinanzierte Angebote pumpen US-Giganten mit hochwertigen Inhalten voll. Wir stärken diese Giganten und schwächen uns in unserem Land.
Gäbler schlug unter anderem Mediatheken vor, in denen Dokumentationen unbegrenzt für Bildungseinrichtungen zur Verfügung stehen könnten. Die dritten Programme seien aufgefordert, gemeinsam mit Journalisten und Verlegern darüber nachzudenken, wie Journalismus an der Basis erblühen und gedeihen könne. Für Gäbler liegt der Schlüssel im Gemeinwohl, er sprach vom „Public Value“. So schlug er vor, ein Zehntel der Beitragseinnahmen, also 800 Millionen Euro, dem Markt für „Public Value“ zur Verfügung stellen. Daraus könne ein freier Wettbewerb entstehen, was mit dem Geld als Film- oder Fernsehproduktion herzustellen ist. Gäblers Worten nach würde das Innovationen erleichtern und nützliche Anreize für Produzenten setzen.
Private fordern mehr Balance im System
Sowohl Gäbler als auch Hans Demmel, ntv-Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien (Vaunet), kritisierten den Umgang der Öffentlich-Rechtlichen mit den sozialen Medien der großen US-Anbieter. „Beitragsfinanzierte Angebote pumpen US-Giganten mit hochwertigen Inhalten voll, dabei ziehen die US-Unternehmen schon jetzt fünf Milliarden Euro aus dem Werbemarkt. Wir stärken diese Giganten und schwächen uns in unserem Land“, sagte Demmel. Der Vertreter der privaten Medien forderte eine Reduzierung des Gesamtangebots auf öffentlich-rechtlicher Seite. „Wir brauchen mehr Balance in diesem System. Weniger ist mehr statt viel hilft viel.“ Als Vorbild sieht Demmel die Schweiz, in der sich bei einer Volksabstimmung über 70 Prozent der Bürger für den Erhalt der Öffentlich-Rechtlichen aussprachen, die Anstalt aber den Beitrag deutlich senkte und sich auf Kernstärken zurückbesann. Das kann sich Demmel auch für Deutschland vorstellen. „Es geht um die Existenzfähigkeit eines Systems, das in seiner Breite so nicht zu erhalten ist.“Lesen Sie auch: Interview: „Bei der Digitalisierung dürfen wir nicht auf das Digitalradio DAB+ setzen“ Scharfe Auseinandersetzung im Landtag: AfD wirft ARD und ZDF „Propaganda“ vor
Unterschiedliche Meinungen gab es zur Akzeptanz der Öffentlich-Rechtlichen in der Bevölkerung. Während Demmel und der AfD-Landtagsabgeordnete Jens Ahrends eine sinkende Akzeptanz der Sender konstatierten, verwies NDR-Intendant Lutz Marmor auf eine Umfrage im Auftrag der Anstalt, nach der 83 Prozent der Befragten im Norden dem NDR vertrauen. Damit liege der NDR gemeinsam mit der Polizei auf dem ersten Rang. Marmor zufolge sind die Öffentlich-Rechtlichen reformwillig. „Wir haben einen umfassenden Vorschlag gemacht, die Strukturen zu verschlanken.“ Der NDR habe in den vergangenen Jahren bereits 700 Stellen abgebaut, der Abbau weiterer 100 Stellen sei bis 2024 geplant. Gäbler gab allerdings zu bedenken, dass zahlreiche Produktionen inzwischen von externen Firmen übernommen würden. Dies müsse man ehrlicherweise mit dem Stellenabbau verrechnen.