Das sind die Gewinner und Verlierer der Landratswahlen in Niedersachsen
Klarer SPD-Erfolg im Kreis Göttingen: 22 Jahre lang wurde die Kreispolitik in Süd-Niedersachsen vor allem von Landrat Bernhard Reuter geprägt. Der Sozialdemokrat, der früher Landrat im eigenständigen Kreis Osterode war, arbeitete als Motor für die Fusion der Kreise Göttingen und Osterode – und wurde danach erster Landrat des vereinigten Kreises Göttingen. Reuter, der bisher als Präsident des Landkreistages gewirkt hat, zieht sich jetzt zurück. Von vornherein galt der SPD-Bewerber Marcel Riethig (38), Sozialwissenschaftler und seit 2014 Dezernent in der Kreisverwaltung, als der Favorit. Für die CDU trat Marlies Dornieden (54) an, die seit Jahrzehnten in den Kommunalbehörden tätig ist, für die Grünen Marie Kollenrott (37), Vize-Landesgeschäftsführerin des Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE). Riethig liegt nach dem ersten Wahlgang mit 38 Prozent vorn, er dürfte in der Stichwahl gegen Dornieden antreten, die knapp 34 Prozent erreichte.
Parteienkandidat setzt sich gegen Amtsinhaber durch: Eine außergewöhnliche Situation war im Heidekreis gegeben. Der amtierende Landrat Manfred Ostermann (63, parteilos), der seit 2007 im Amt ist, hatte diesmal keine Partei im Kreis mehr hinter sich – er kämpfte für sich allein und vertraute voll auf den Amtsbonus. 2007 war er noch der Bewerber von SPD und Grünen, bei der Wiederwahl 2014 blieb er ohne Gegenkandidat, wurde also von allen Kräften unterstützt. Dann aber überwarf sich Ostermann mit dem Kreistag, auch deshalb, weil man von ihm professionelles und entschlossenes Wirken im Streit um den Standort des neuen Klinikums vermisste. SPD, CDU, Grüne und Bürgerunion nominierten Jens Grote (53) für die Nachfolge, seit fünf Jahren Leiter der Landesaufnahmebehörde, die sich um die Unterbringung von Flüchtlingen kümmert. Grote kam auf knapp 53 Prozent, Amtsinhaber landete bei rund 47 Prozent.
Kommunalwahl in Niedersachsen
Die Kommunalwahl am Sonntag (12. September) hat einige überraschende Ergebnisse zutage gefördert. Die SPD hatte zunächst Grund zur Freude, doch die CDU konnte schließlich die Spitzenposition halten. Mehr lesen (RB+)
Die wichtigsten Direktwahlergebnisse der Kommunalwahl finden Sie hier im Überblick. Mehr lesen (RB+)
Spannendes Rennen in Gifhorn und Wolfenbüttel: Der amtierende Landrat Andreas Ebel (49, CDU), der sich auf seinen Fachverstand als erfahrener Verwaltungschef beruft, bekam den SPD-Landtagsabgeordneten Tobias Heilmann (45), ehemals Industriekaufmann bei VW und seit 2017 Landesparlamentarier, als Herausforderer. Heilmann trat als bürgernaher Politiker auf. Für die Grünen trat der Rechtsanwalt Arne Duncker an. Heilmann liegt im ersten Wahlgang in Führung mit etwa fünf Prozentpunkten Vorsprung und 38 Prozent. Er tritt gegen Ebel in der Stichwahl an, der knapp 34 Prozent erreichte. In Wolfenbüttel wurde die amtierende Landrätin Christiana Steinbrügge (SPD) herausgefordert von Uwe Schäfer (CDU), einem Versicherungskaufmann, vom Architekten Leo Pröttel (Grüne) und vom FDP-Landtagsabgeordneten Björn Försterling. Schäfer litt darunter, dass die CDU in Wolfenbüttel in der Wahlkampfzeit nicht geschlossen auftrat. Steinbrügge landet im ersten Wahlgang mit mehr als 44 Prozent klar vorn, Schäfer erhielt 23 Prozent und kommt in die Stichwahl. Pröttel und Försterling erreichen jeweils um die 13 Prozent.
Augenmerk auf zwei bekannte CDU-Kandidaten: In Stade wollte Kai Seefried (43) neuer Landrat werden, der ehemalige CDU-Generalsekretär und bisherige Landtagsabgeordnete tritt gegen Björn Protze (SPD) an, der von der SPD unterstützt wird. Schon im ersten Wahlgang ist klar, dass er es geschafft hat. Der Landkreis gilt als CDU-Hochburg, und als Amtsinhaber Michael Roesberg im vergangenen Jahr seinen Rückzug ankündigte, schien schon alles auf einen Durchmarsch von Seefried hinzudeuten.
Als im Ammerland der langjährige Landrat Jörg Bensberg auf eine Wiederwahl verzichtete, war die Bewerbung des bisherigen CDU-Landtagsabgeordneten und parlamentarischen Geschäftsführers der Landtagsfraktion, Jens Nacke, ziemlich bald auf dem Tisch. Im Landtag gilt Nacke als kluger, rhetorisch und taktisch geschickter Jurist. Im Ammerland bekam er es allerdings mit der parteilosen Karin Harms, die von SPD, Grünen und Wählergemeinschaft gestützt wird, zu tun. Sie war nicht nur eine respektable, weil gut vernetzte Gegenkandidatin, sondern zog auch noch den Sieg davon. Karin Harms erreichte 50,4 Prozent und wird damit neue Landrätin, Nacke unterlag mit 40,5 Prozent, 8,8 Prozent sprachen sich für Dirk Hooymann (Linke) aus. Für Nacke ist das eine herbe Niederlage.
Grascha verliert im Kreis Northeim: Im Kreis Northeim, einer SPD-Hochburg, bewarb sich Landrätin Astrid Klinkert-Kittel um eine weitere Amtszeit – und siegte mit rund 60 Prozent. Ihr Gegenkandidat war – ein Novum in Niedersachsen bei dieser Wahl – ein FDP-Politiker, der auch von der CDU unterstützt wurde, der bisherige Finanzexperte der FDP im Landtag, Christian Grascha aus Einbeck. Er verfehlte den Sieg und bekam rund 40 Prozent.
SPD-Kandidaten in Südniedersachsen klar vorn: In mehreren südniedersächsischen Kreisen liegen die SPD-Bewerber nach dem ersten Durchgang klar in Führung – so in Goslar, wo der SPD-Landtagsabgeordnete und frühere Landesgeneralsekretär der Sozialdemokraten, Alexander Saipa, die Nachfolge des scheidenden Landrats Thomas Brych (SPD) antreten will. Er erhielt fast 53 Prozent und setzte sich damit auf Anhieb klar durch. CDU-Bewerber Axel Bender Dund Grünen-Kandidat Matthias Schlawitz blieben weit abgeschlagen.
Im benachbarten Hildesheim trat der SPD-Landtagsabgeordnete und Innenpolitiker der Partei, Bernd Lynack, für die Nachfolge des Landrats Olaf Levonen (SPD) an. Die CDU stellte die erste Kreisrätin Evelin Wißmann auf. Dass Levonen während des Wahlkampfes ins Gerede geriet, weil seine Doktorarbeit von zweifelhafter Qualität war, weil es in der Amtsführung Unregelmäßigkeiten und sogar Korruptionsvorwürfe gab, schadete den Sozialdemokraten bei dieser Landratswahl offenbar nicht – die Partei konnte ihre langjährige Bastion, den Kreis Hildesheim, sicher verteidigen. Lynack erreichte rund 41 Prozent und muss sich in der Stichwahl mit Evelin Wißmann, die knapp zehn Prozentpunkte weniger hat, messen. Der Grünen-Kandidat Ekkehard Domning kam auf rund 14 Prozent. In Peine trat Landrat Franz Einhaus aus Altersgründen nicht erneut an, sein Nachfolger will der bisherige Erste Kreisrat Henning Heiß werden. Auch hier behauptete die SPD ihre Stärke in der Region. Die CDU hatte es mit der Frauenbeauftragten Banafsheh Nourkhiz versucht, allerdings ohne Erfolg. Heiß liegt mit rund 44 Prozent vorn und tritt in der Stichwahl gegen Nourkhiz (23 Prozent) an.
Helmstedt schwarzer Fleck im Osten: Der bisherige Landrat von Helmstedt, Gerhard Radeck (CDU), ein früherer Polizeibeamter, liegt im ersten Wahlgang klar vorn mit knapp 49 Prozent. Die SPD hatte Jan Fricke aufgestellt, einen Gegenkandidaten, von dem auch in eigenen Reihen nicht alle überzeugt waren. Er bekam immerhin 41,5 Prozent und muss sich in zwei Wochen mit Radeck in der Stichwahl messen.
Acht Landräte ohne ernstzunehmende Konkurrenz: Acht Landräte traten entweder ohne Gegenkandidaten oder ohne ernstzunehmenden Gegenkandidaten an – und konnten daher locker im ersten Wahlgang einen Erfolg verbuchen. Das sind Holger Heymann (SPD) in Wittmund, der dortige Amtsinhaber, Tobias Gerdesmeyer (CDU) in Vechta, der Landrat Herbert Winkel ablöst, Landrat Matthias Groote (SPD) in Leer, Axel Flader (CDU) in Celle, der Landrat Klaus Wiswe beerbt, Marco Prietz (CDU) in Rotenburg/Wümme als Nachfolger von Landrat Hermann Luttmann, Christian Pundt (parteilos) in Oldenburg als Nachfolger von Landrat Carsten Harings, Landrat Bernd Lütjen (SPD) in Osterholz und Landrat Johann Wimberg (CDU) in Cloppenburg. Gegen Wimberg hat die SPD Stefan Riesenbeck (60) aufgeboten, der jedoch ohne Erfolg blieb. Alle lagen klar in Führung, wobei auffällig vor allem das Ergebnis für Flader in Celle ist. Die Wähler hatten keine Alternative – und immerhin knapp 38 Prozent stimmten in der Wahlkabine mit „nein“.
CDU-Bewerber in der Wesermarsch und in Lüchow-Dannenberg vorn: Im Kampf um die Nachfolge für des parteilosen Landrats Thomas Brückmann in der Wesermarsch kommt der SPD-Bewerber Frank Ahlhorn (49, parteilos) mit rund 37 Prozent in die Stichwahl. Der ist bisher Geschäftsführer des Wattenmeer-Forums. Der CDU-Kandidat Stephan Siefken (43), Mitglied der Geschäftsführung einer Firma für Rohrleitungsbau, erreichte rund 40 Prozent und hatte damit die Nase vorn. Als dritter Bewerber trat Harm Ellinghusen (36) für die Grünen an, er ist Beamter in der Kreisverwaltung und kam auf rund 20 Prozent. In Lüchow-Dannenberg war Jürgen Schulz, der bisher von Rot-Grün unterstützte Landrat, aus Altersgründen nicht mehr angetreten. Unter den Bewerbern landete CDU-Kandidat Hanno Jahn, ein parteiloser Bankkaufmann, mit knapp 38 Prozent auf Rang eins. Die Grünen hatten Dagmar Schulz aufgestellt, die Leiterin des Fachdienstes Jugend-Familie-Bildung in der Kreisverwaltung. Für die SPD trat die gelernte Krankenschwester Heike Bade an. Schulz erreichte 24,7 Prozent und tritt in der Stichwahl gegen Jahn an.