1. März 2020 · 
Soziales

Coronavirus: Niedersachsen für "umsichtigen Umgang"

Am Sonntag haben Sozialministerin Carola Reimann und der Regionspräsident von Hannover, Hauke Jagau, den ersten Verdachtsfall auf das Corona-Virus in Niedersachsen bestätigt: Ein 68-jähriger Mann aus Uetze (Region Hannover), der sich bis vor ein paar Tagen in Norditalien aufgehalten hatte, ist erkrankt. Er wird in einem Krankenhaus betreut. Laut Regionspräsident Hauke Jagau gibt es neun weitere Verdachtsfälle aus dem Umfeld des erkrankten Mannes. Hierzu soll es am Abend Ergebnisse der Tests geben. https://twitter.com/NdsLandesReg/status/1234060348669513728 Die Behörden schätzen das Risiko, dass andere sich anstecken können, weiter als gering bis mäßig ein. In einem Zeitraum von zwei Tagen vor Beginn der ersten Symptome bis zehn Tage nach deren Auftreten ist das Risiko einer Übertragung sehr groß. https://twitter.com/regionhannover_/status/1234042106903224321 Generell peilen die Gesundheitsbehörden in Niedersachsen „einen umsichtigen Umgang mit dem Thema“ an. Koordinierungsstäbe tagen bereits regelmäßig, und sie stehen auch im Kontakt mit der Hannover-Messe, deren Beginn bisher noch für den 19. April terminiert ist. Bisher gibt es „noch keine Tendenz zur Absage“, sagte Eike Frenzel, Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Irgendwann könne aber ein „Point of no return“ erreicht sein, der eine Entscheidung für oder gegen die Messe bestimmt. Auch über eine Verschiebung der Ausstellung wird diskutiert. Die niedersächsischen Kassenärzte appellierten am Sonntag an die Patienten, in den Arztpraxen zunächst anzurufen und nicht "bei geringer Krankheitssymptomatik" direkt in die Praxis oder ins Krankenhaus zu gehen. Die Versorgung von Patienten mit Coronakrankheitssymptomen in den Praxen gefährde chronisch kranke Patienten und Mitarbeiter der Praxen. Auch die amtlich angeordnete Schließung von Praxen müsse verhindert werden, heißt es in einem Beschluss der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen.

Rentenversicherung hat Kongress abgesagt

Eine Konsequenz ist bereits gezogen worden. Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat ihren Reha-Kongress, der von heute an für drei Tage im hannoverschen Kongresszentrum stattfinden sollte, abgesagt – offenbar weil das Risiko zu groß gewesen wäre, dass Ärzte und Reha-Spezialisten, die in ihren Kliniken gebraucht werden, sich bei Tagungen dieser Art anstecken könnten. Sollte die Verbreitung dieser Krankheit zunehmen, ist mit weiteren Absagen von Großveranstaltungen, strengeren Gesundheitsprüfungen an bestimmten Verkehrsknotenpunkten und mit Schutzvorkehrungen (verstärkte Angebote zum Desinfizieren) zu rechnen. Der Infektionsschutzexperte Fabian Feil aus dem Sozialministerium sagte, es gebe bisher „keine generelle Zirkulation in Deutschland“. Krisengebiete, in denen sich der Virus rasch verbreiten könne wie etwa in Italien, China oder Südkorea, seien hier nicht vorhanden. https://www.youtube.com/watch?v=RRXXbVfXsHc&t=158s Wenn es zu Corona-Fällen in Niedersachsen kommt, sollte nach Angaben des Sozialministeriums jedes Krankenhaus in der Lage sein, die Erkrankten zu behandeln. Allerdings sei es wohl nötig, erklärt Feil, die Stationen zu isolieren. Schutzausrüstung sei für das medizinische Personal notwendig, und nach einer Befragung von vor ein paar Wochen war seinerzeit davon genügend in allen Kliniken vorrätig. Rund 70 Prozent dieses Materials werden aber in China hergestellt, und in den Handelsbeziehungen zu den dortigen Produktionsstätten gibt es inzwischen Lieferengpässe.

Auswirkungen auf die Wirtschaft

Nach Mitteilung des Wirtschaftsressorts drohen wegen des Corona-Virus Einbußen im Handel. Es sei möglich, dass sich in den Häfen Container stapeln, weil keine Schiffe mehr ankommen, die diese entgegennehmen. Dass der Erreger über Schiffe aus China nach Deutschland kommen könnte, gilt als unwahrscheinlich. Die Schiffe brauchen vier Wochen, in dieser Zeit muss in der Besatzung die Krankheit ausgebrochen sein – und vor der Ankunft in einem niedersächsischen Hafen ist eine Gesundheitsüberprüfung der Passagiere vorgeschrieben. Wie Frenzel vom Wirtschaftsministerium sagte, erwägt Minister Althusmann, seine für März geplante Reise nach Vietnam und Thailand abzusagen.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #041.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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