Corona-Verordnung: Kommunen verärgert über knappe Fristen
In den Kommunen macht sich erhebliche Verärgerung breit über die jüngste Corona-Verordnung der Landesregierung. Sowohl was deren Inhalte angeht, vor allem aber mit Blick auf die vorherige Beteiligung sind die Vertreter der Kreise, Städte und Gemeinden verstimmt. „Wir haben massive Zweifel, ob das Anhörungsverfahren den verfassungsrechtlichen Erfordernissen entspricht“, heißt es in einem Schreiben der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände, das dem Politikjournal Rundblick vorliegt. Wieder hätten die Kommunen nur 24 Stunden Zeit gehabt, zu einem ersten Entwurf Position zu beziehen. Am vergangenen Wochenende dann wurde die Fassung noch einmal überarbeitet – und eilig setzte der Koalitionsausschuss von SPD- und CDU-Vertretern daraufhin den letzten Feinschliff an.
Die Kommunalverbände verweisen nun auf das Urteil des Staatsgerichtshofs von Anfang März, in dem eine frühzeitige Information der Regierung über geplante neue Verordnungen verlangt wird. Die besondere Eilbedürftigkeit, die in Ausnahmefällen eine Verkürzung der Anhörung ermöglicht, wollen die Kommunen in diesem Fall nun „nicht mehr akzeptieren“. In der neuen Verordnung gehe es nicht mehr um kurzfristig nötige Verschärfungen wegen einer bedrohlichen Zunahme der Infektionen, sondern um das Gegenteil. Der dem Konzept zugrundeliegende „Stufenplan“ sei schon „seit mehreren Wochen bekannt“, daher hätte die Beteiligung früher und mit längeren Fristen zur Stellungnahme beginnen können. Es wäre genügend Zeit für ein nicht überstürztes Abfragen von Stellungnahmen gewesen.
Dreiteilung im Landesrecht „verwirrend“
Auch mit Blick auf den Aufbau und die Vorgaben der neuen Verordnung herrscht bei den Kommunen massive Unzufriedenheit. So teilt das Land künftig die Corona-Auflagen in drei Stufen ein – zwischen einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 bis 100, einer zwischen 35 und 50 und einer unterhalb von 35. Alles, was oberhalb von 100 liegt, wird dann vom Bundesgesetzgeber über die sogenannte „Bundes-Notbremse“ geregelt, die nach Ostern ins Bundesinfektionsschutzgesetz aufgenommen worden war. Nach Ansicht der Kommunalverbände ist die Dreiteilung im Landesrecht verwirrend, zumal die Grenzen um 35 fließend seien und die Ordnungsbehörden Schwierigkeiten bekommen könnten, den jeweils aktuellen Wert zu berücksichtigen. Verständlicher wäre es aus ihrer Sicht, die 35er Stufe zu beseitigen und stattdessen zu regeln, dass unterhalb einer Inzidenz von 10 alle Beschränkungen generell wegfallen. Ein solcher Passus fehlt aber in der Verordnung.
Nun vermuten die Kommunalverbände, man könne massive Grundrechtseinschränkungen bei einer Inzidenz von weniger als 10 gar nicht mehr rechtfertigen, insofern sei die neue Verordnung juristisch schon wieder angreifbar. Ein Verstoß gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit stehe den Regeln damit „schon auf die Stirn geschrieben“. Bedenken haben die Kommunen auch wegen der Widersprüche in den Detailvorschriften – dass etwa bei der Außengastronomie unterhalb der 50er Inzidenz noch eine Testpflicht gilt, im Einzelhandel dann aber schon nicht mehr. In ihrer Stellungnahme, die die Kommunalverbände vor Erlass der neuen Verordnung geschrieben haben, wird auch scharfe Kritik an den Vorgaben für Veranstaltungen, Sitzungen und Zusammenkünfte geübt. Die Vorgaben seien nicht klar und häufig in sich nicht schlüssig, sodass sie als „vollständig misslungen“ angesehen werden müssten.
Scharfe Kritik auch von der FDP
FDP-Fraktionschef Stefan Birkner sagte: „Fünf Stunden, bevor die neue Verordnung in Kraft treten soll, wird sie erst veröffentlicht. Die Landesregierung muss erklären, wie es zu diesem neuen Rekord an Unzuverlässigkeit und Schludrigkeit kommen konnte.“ Die Regierung nutze ihr Recht, Verordnungen auch kurzfristig online zu veröffentlichen, „schamlos aus“ und trage so „maßgeblich zur Verunsicherung im Land bei“. Nach den verpatzten Schulimpfungen zeige sich jetzt „das zweite Mal in wenigen Tagen, welche Probleme die Landesregierung hat, die Krise mit ruhiger Hand zu managen.“