5. Nov. 2020 · 
Soziales

Corona: Kommunen sollen Einzelunterbringung ermöglichen

Wer kann, der soll derzeit nach Möglichkeit zuhause bleiben, um die Ausbreitung des Corona-Virus weiter einzudämmen. Doch was ist mit denen, die kein richtiges Zuhause haben? Für Geflüchtete, Obdachlose und Werkvertragsarbeiter ist die aktuelle Situation besonders gefährlich. Wie das Robert-Koch-Institut (RKI) festgestellt hat, infizieren sich bei Corona-Ausbrüchen in Flüchtlings- und Asylbewerberheimen durchschnittlich mehr Personen als bei einem Infektionsgeschehen im Alten- und Pflegeheim oder am Arbeitsplatz. Die Kommission zu Fragen der Migration und Teilhabe im niedersächsischen Landtag fordert daher eine sichere Unterbringung auch für Menschen ohne eigene Wohnung. Auf Initiative des niedersächsischen Flüchtlingsrates hat die Kommission in ihrer jüngsten Sitzung eine Resolution verabschiedet, mit der sie klarstellt, dass die Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Krise für alle gelten müssen – auch für Menschen, die in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind. Sollte die Umsetzung der üblichen Abstands- und Hygieneregeln in einer Massen- oder Gruppenunterkunft nicht möglich sein, sollen diese umgehend geschlossen werden, heißt es in dem Beschlusspapier.

Kommunen sollen Ferienwohnungen anmieten

Die Kommission fordert weiter, dass weniger Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden dürfen, damit der Abstand einfacher eingehalten werden kann. In jedem Zimmer soll nur noch eine Person untergebracht werden. Flüchtlinge sollen zu diesem Zweck binnen zwei Wochen auf die Kommune verteilt werden, um den Druck aus den Erstaufnahmelagern zu nehmen. Zudem sollen zusätzlich Wohnungen, Ferienwohnungen sowie Jugend- und Freizeitheime angemietet werden, um eine zügige dezentrale Unterbringung zu gewährleisten. Hier richtet die Kommission auch einen Appell an die beiden großen Kirchen, die leerstehende Wohnungen zur Verfügung stellen sollen. Besonderen Schutz sollen zudem Personen mit Vorerkrankungen oder Menschen über 60 Jahren erhalten. Diese sollen zuallererst in Einzelunterkünfte kommen.
Lesen Sie auch: Flüchtlingsrat bemängelt die fehlende Privatsphäre
Der Flüchtlingsrat kritisiert seit längerem, dass sich seit Beginn der Corona-Pandemie in den niedersächsischen Gemeinschaftsunterkünften nichts Substanzielles geändert habe. Neben der Maskenpflicht und ein paar Desinfektionsspendern seien kaum weitere Maßnahmen getroffen worden. Kritisiert hatte der Flüchtlingsrat bereits vor ein paar Wochen, dass es bei einigen Gemeinschaftsunterkünften Einlass- und Besuchskontrollen gebe. An dem eigentlichen Problem, dass die Menschen in Mehrbettzimmern leben und nur Gemeinschaftsküchen nutzen könne, habe sich allerdings nichts getan. „Die Landesregierung und die Kommunen müssen aufhören, die Gesundheit der Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften leichtfertig aufs Spiel zu setzen und ihnen endlich den gleichen Schutz vor dem Corona-Virus zuteilwerden lassen, der auch für die übrige Bevölkerung gilt“, erklärte Muzaffer Öztürkyilmaz, Referent des Flüchtlingsrats Niedersachsen. Es komme in Niedersachsen immer wieder zu Massenquarantänen für Gemeinschaftsunterkünfte, weil sich die Bewohner nicht ausreichend vereinzeln können. Der Flüchtlingsrat zählt dabei verschiedene solcher Fälle auf – etwa Anfang November in der Landesaufnahmeeinrichtung in Celle, wo eine Unterkunft mit mehr 140 Bewohnern unter Quarantäne gestellt wurde. Gleiches ereignete sich auch in der Erstaufnahmeeinrichtungen in Friedland und Bramsche sowie in Oldenburg, wo mehr als 160 Personen unter Quarantäne gestellt wurden. „Die pauschalen Quarantäneanordnungen dürfen sich nicht wiederholen, denn diese verstoßen gegen die Vorgaben des RKI und geltendes Recht“, sagte Öztürkyilmaz. Diese würden von den Betroffenen zudem als Bestrafung für das Leben in einer Gemeinschaftsunterkunft und als Internierung wahrgenommen. Die Resolution fordert daher, die Quarantäne auf die unvermeidlichen Fälle zu beschränken.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #199.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail
Alle aktuellen MeldungenAktuelle Beiträge
Susanne Schmitt (links) forderte mehr Mut in den Bauämtern – und gezielte Förderung für die arbeitende Mitte. | Foto: Link
Neue Spielräume kommen vor Ort nicht an: Baubranche erwartet mehr Mut in den Ämtern
16. Mai 2025 · Christian Wilhelm Link3min
Arbeitgeberforum 2025 im Schloss Herrenhausen
Künstliche Intelligenz als neuer Kollege: Warum jeder Mitarbeiter jetzt führen lernen muss
15. Mai 2025 · Christian Wilhelm Link4min
Olaf Lies wird Ministerpräsident. Der Wechsel an der Spitze wird auch mit Veränderungen im Kabinett einhergehen. | Foto: Link
Lies will den IT-Planungsrat entmachten
15. Mai 2025 · Klaus Wallbaum1min