7. Juli 2019 · 
Soziales

Carola Reimann sieht Jens Spahns Vorschlag eines Pflege-Mindestlohns skeptisch

Niedersachsens Sozialministerin Carola Reimann hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn scharf attackiert. Seine Pläne für Kassen und für die Gesundheitsversorgung halte sie für gefährlich. Spahn wolle die Selbstverwaltung in einer Art und Weise zusammenstutzen, dass sie nicht mehr funktionieren könne. „Die Selbstverwaltung ist nicht das Paradies für die Gesundheitsversorgung, oft ist sie auch mir zu langsam und nicht konstruktiv genug. Das ist aber kein Grund zu versuchen, die Selbstverwaltung so zu dezimieren, dass sie nicht mehr arbeiten kann“, sagte Reimann am Freitag auf einer Pressekonferenz in Hannover. Der Bundesgesundheitsminister hat sich zum Ziel gesetzt, dass die gesetzliche Krankenversicherung schneller und professioneller arbeiten soll. Seine Pläne sehen unter anderem vor, dass im Verwaltungsrat der gesetzlichen Kassen nicht mehr ehrenamtliche Vertreter von Versicherten und Arbeitgebern sitzen sollen, sondern hauptamtliche Vorstandsmitglieder der Krankenkassen. Spahns Idee, dass sich regionale Kassen bundesweit öffnen sollen, nannte Reimann einen „Frontalangriff auf die Allgemeinen Ortskrankenkassen“. https://soundcloud.com/user-385595761/was-carola-reimann-an-jens-spahns-planen-nicht-passt Auch Spahns Vorschlag, in der Pflege 14 Euro Mindestlohn zu zahlen, sieht Reimann skeptisch. Das sei wieder einmal „komplett neben dem Verfahren“. Ihre favorisierte Lösung sei die Einführung eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags. Materiell könne der Mindestlohn zwar genauso gut sein. Es sei aber ein schlechtes Signal, über Mindestarbeitsbedingungen zu sprechen, wenn es um die Attraktivität des Berufs gehe. Die Sozialministerin stellte am Freitag ein breites Bündnis aus Kassen, Wohlfahrts- und kommunalen Spitzenverbänden vor, das die Situation in der Pflege verbessern will. Im Herbst sollen auf einer Pflegekonferenz konkrete Ziele vereinbart werden. Jürgen Peter, Vorstandsvorsitzender der AOK Niedersachsen, sieht in dem Bündnis eine große Chance, die Situation in der Pflege deutlich zu verbessern. Das Ministerium gehe dabei strategisch und systematisch vor, lobte er. Peter hofft auch auf mehr Verständnis und mehr Vertrauen zwischen den Vertragspartner. „Bei den Vergütungsverhandlungen standen sich früher Maximalpositionen gegenüber, dann hat man sich in der Schiedsstelle getroffen. Wir müssen aber ein Verfahren finden, dass das künftig nicht mehr so eskaliert.“

Niemand geht in die Pflege, um besonders viel Geld zu verdienen, sondern um Menschen zu pflegen.


„Es ist so viel Druck drauf, dass wir uns einfach bewegen müssen“, meinte Caritasdirektor Franz Loth. Zentral werde auch sein, junge Menschen als Arbeitskräfte in die Systeme zu bekommen. „Wir dürfen nicht so viel schlecht reden. Und wir werden bilden und binden müssen, damit die Menschen dann auch in den Systemen bleiben. Es gehen uns unterwegs viel zu viele verloren“, sagte Loth. Ralf Selbach vom DRK sagte, es gehe bei der Attraktivität des Pflegeberufes nicht alleine um die Vergütung. „Niemand geht in die Pflege, um besonders viel Geld zu verdienen, sondern um Menschen zu pflegen.“ Deshalb dürfe zum Beispiel nicht 30 bis 40 Prozent der Arbeitszeit mit Bürokratie belastet sein, die aus einer Misstrauenskultur vergangenen Jahre resultiere.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #126.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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