Bundeswehr verstärkt Heimatschutz mit Scharfschützen und Granatwerfern
Bei Oberst Dirk Waldau, Kommandeur des Landeskommandos Niedersachsen, ist die Vorfreude groß. Bereits am 1. Oktober kommt das „jüngste Kind der Bundeswehr in Niedersachsen“ zur Welt und wird ein paar Tage später mit einem Appell vor dem Landtag formell in den Dienst gestellt: Die niedersächsischen Heimatschutzkompanien werden zum neuen 3. Heimatschutzregiment zusammengefasst und mit zusätzlichen Truppen und Ausrüstung verstärkt. „Wir werden eine neue Qualität im Heimatschutz erreichen“, sagt Waldau.
Die Sollstärke steige von 360 auf 800 Soldaten, die Zahl der Kompanien von 3 auf 7. Die bestehenden „Gewehrträger“-Kompanien in Holzminden, Lüneburg und Wittmund werden um eine neue Kompanie in Hannover erweitert. Die Regimentsführung kommt nach Nienburg/Weser, wo ihr eine aufgestellte Stabs- und Versorgungskompanie sowie eine Unterstützungskompanie unterstehen. „Das sind nicht nur reine Gewehrträger, sondern die stellen besondere Fähigkeiten zur Verfügung, wodurch wir einen deutlichen Fähigkeitsaufwuchs erwarten dürfen“, erläutert Waldau. In Nienburg sollen unter anderem Spezialisten für Aufklärung, Technik, Granatwerfer und Scharfschützen ihren Dienst verrichten. Auch die Ausbildungskompanie wird in der 31.000-Einwohner-Kreisstadt stationiert. „Wir haben in Nienburg gute Ausbildungsbedingungen und schon viele Zusagen von Soldaten erhalten“, berichtet der Oberst.
Heimatschützer helfen auch bei Katastrophen aus
40 Stellen im Heimatschutzregiment Niedersachsen werden mit aktiven Soldaten besetzt. Die restlichen Heimatschutzkräfte bestehen aus Reservisten, die häufig berufstätig sind und deswegen nur in besonderen Fällen eingesetzt werden. Das passiert nicht nur im Spannungs- oder Verteidigungsfall, sondern auch bei Übungen und Nato-Manövern, wo die Heimatschutzkompanien dann für den Objektschutz oder die Sicherung von Verkehrswegen eingeteilt werden. In Friedenszeiten gehört zudem die Amtshilfe für Behörden oder die Unterstützung beim Katastrophenschutz zu den Aufgaben der Heimatschützer. Auch die Entlastung der aktiven Truppe nennt Oberst Waldau als eine Aufgabe des Regiments. Laut Bundeswehr werden die Heimatschützer in der Regel jährlich an zehn aufeinander folgenden Arbeitstagen sowie an einzelnen Wochenenden ausgebildet. Während dieser Übungen erhalten die Reservisten eine Unterhaltssicherung, die sich am jeweiligen Nettoeinkommen orientiert.
Schon 700 Interessierte für Rekrutenausbildung 2024
Der Aufbau der neuen Truppe läuft laut dem Landeskommandeur gut an. „Die Anzahl derer, die sich bewerben, steigt seit 2021 kontinuierlich an“, sagt Waldau. Derzeit befänden sich 120 Rekruten in Ausbildung. Für die nächste Ausbildungsrunde im kommenden Jahr gebe es bereits rund 700 Interessenbekundungen. Bewerben können sich frühere Berufssoldaten, ehemalige Wehrdienstleistende oder auch Ungediente im Alter bis 57 Jahre. Neben der Bereitschaft, Deutschland im Notfall auch mit der Waffe zu verteidigen, gehört aber auch eine gewisse körperliche Fitness zu den Aufnahmevoraussetzungen.
Der Oberst rechnet daher damit, dass von den 700 Interessierten am Ende etwa 120 bis 140 Rekruten übrigbleiben. „Mehr können wir aber auch gar nicht ausbilden“, räumt er ein. Engpässe befürchtet Waldau höchstens bei den Soldaten mit Spezialfunktionen, die in der neuen Truppe besonders benötigt werden. In diesem Punkt hofft der Landeskommandeur auf die rund 13.000 Mitglieder der Reservistenverbände in Niedersachsen.
Die formale Indienststellung des neuen Heimatschutzregimentes findet am 10. Oktober mit einem Appell vor dem Landtag in Hannover statt. „Damit wollen wir die enge Verzahnung mit dem Bundesland Niedersachsen deutlich machen“, erläutert Waldau. Außerdem sei der Festakt eine Würdigung für das große Engagement, mit dem sich die Landespolitiker für die Regimentsaufstellung stark gemacht haben. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius, den der Oberst als „einer der Väter dieses Regiments“ bezeichnete, ist terminlich leider verhindert.
Die Bundeswehrspitze wird dafür von Generalleutnant Markus Laubenthal, dem stellvertretenden Generalinspekteur, vertreten. Landtagspräsidentin Hanna Naber und Ministerpräsident Stephan Weil werden bei der feierlichen Übergabe der Truppenfahne ebenfalls erwartet. Außerdem sind das gesamte Parlament sowie die Landräte der Garnisonen eingeladen worden.
Dieser Artikel erschien am 21.09.2023 in der Ausgabe #163.
Karrieren, Krisen & Kontroversen
Meilensteine der niedersächsischen Landespolitik
Jetzt vorbestellen