Wie viele Städte hat auch Braunschweig einige Probleme mit der Nachnutzung von früheren Kaufhäusern in der Innenstadt. Seit gestern nun gibt es einen neuen Vorschlag für eine von drei solchen Immobilien im Zentrum: Das einstige Karstadt-Gebäude am Gewandhaus könnte zu einem „Haus der Musik“ werden, eine neue Konzerthalle beherbergen und damit einen sinnvollen neuen Zweck erhalten. Nur eine kurze Mitteilung verbreitete dazu am Dienstag die Stadtverwaltung mit dem Kernsatz: „Für das ,Haus der Musik‘ gibt es einen neuen Lösungsansatz.“

Zwei Umstände sind es nun, die das Projekt realitätsnah erscheinen lassen: Der Rohbau des Karstadt-Hauses würde erstens wohl stehen bleiben, es müssten allerdings einige Umbauten vorgenommen werden. Zweitens hat der Eigentümer des früheren Karstadt-Hauses, der Unternehmer Friedrich Knapp (Inhaber der Modekette „New Yorker“) eine „finanzielle Beteiligung“ in Aussicht gestellt.
Nun wollen die Stadtverwaltung und Knapp eine „gemeinsame Grundsatzvereinbarung“ entwickeln und diese dem Rat zur Entscheidung vorlegen. Vorgesehen ist, eine Stiftung zu gründen, die dann den Gebäudekomplex zu einer städtischen Musikschule mit Konzerthaus umbaut. Die Stadt solle sich finanziell an der Stiftung beteiligen, weitere Stifter sind offenbar willkommen. Anschließend will man detaillierte Verträge erarbeiten und diese mit den Finanz- und Aufsichtsbehörden abstimmen – und erst danach, so heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt, solle die Öffentlichkeit detailliert unterrichtet werden. Der Vorschlag kommt von Oberbürgermeister Thorsten Kornblum (SPD), der offenbar im engen Kontakt mit dem Unternehmer steht – und dieser soll angeblich größten Wert auf absolute Vertraulichkeit der Vorbereitungen legen.

Interessant ist dieser Vorgang deshalb, weil die Stadt Braunschweig vor knapp einem Jahr bereits einen Grundsatzbeschluss für ein neues Konzerthaus gefasst hatte, damals bezogen auf einen Standort im Bahnhofsquartier auf einer unbebauten Fläche namens „Viewegs Garten“, die der Stadt gehört. Diese vom OB befürwortete Überlegung war Teil eines Planes, den Bereich rund um den Bahnhof aufzuwerten. Im Februar 2023 sprach Kornblum schon von der Idee, „eine Stiftungslösung wie beim Bau der Volkswagenhalle oder eine Öffentlich-Private Partnerschaft“ anzustreben.
Nun bietet sich offenkundig der Unternehmer Knapp als Geldgeber an, will aber dafür auch das bisher ihm gehörende alte Karstadt-Gebäude am Gewandhaus in die Überlegungen einbeziehen. In Braunschweig gibt es drei Kaufhaus-Standorte, die teilweise leer stehen und auch dauerhaft leer zu bleiben drohen. So gab es in der Kaufmannschaft schon länger Hinweise, der geplante neue Konzertsaal solle besser nicht in „Viewegs Garten“ entstehen, also fern der Innenstadt, sondern doch lieber inmitten des Geschäftsviertels. Das Angebot von Knapp ermöglicht diesen Weg nun.

Der Umbau des alten Karstadt-Hauses nahe dem Gewandhaus dürfte vermutlich eine dreistellige Millionensumme verschlingen, über die Höhe eines städtischen Anteils daran wird bisher eisern geschwiegen. Der Einzelhandel in der Innenstadt dürfte das Projekt indes begrüßen, da es für zusätzlichen Publikumsverkehr in der Braunschweiger City sorgen kann. Die Braunschweiger SPD-Politiker Christos Pantazis (MdB) und Julia Retzlaff (MdL) lobten die neue Idee und erklärten, die vom Bund gegebene Förderzusage über 500.000 Euro für die Planung des „Hauses der Musik“ von September 2023 bleibe wohl trotz des Standortwechsels bestehen. „Ich gehe davon aus, dass das so ist“, meinte Pantazis.
