Die Vorbereitungen auf die Europawahl 2024 laufen allmählich an. Das Politikjournal Rundblick befragt einige Europaabgeordnete nach ihren Einschätzungen und Erwartungen. Niklas Kleinwächter hat mit Lena Düpont (CDU) aus Gifhorn gesprochen.

Lena Düpont spricht mit Niklas Kleinwächter über die EU, Demokratie und den Krieg in der Ukraine. | Foto: Lada

Woran hat es gelegen, dass bei der vergangenen Europawahl 61,5 Prozent der Deutschen an der Wahl teilgenommen haben, also immerhin ein beträchtlicher Teil der Wahlberechtigten? Die CDU-Europaabgeordnete Lena Düpont aus Gifhorn vermutet die Gründe in einem Schritt, der einige Zeit vorher geschah und die Leute aufgerüttelt habe – dem Brexit. Der Austritt Großbritanniens aus der EU, der in der Volksabstimmung dort für viele unerwartet kam und dann doch sehr zielstrebig durchgesetzt wurde, habe viel bewegt. „Ich selbst gehörte auch zu denen, die damals gemeint haben, dass ich einen Beitrag zum Erhalt Europas leisten muss – das war für mich ein zusätzlicher Antrieb für die Kandidatur“, sagt Düpont. Die 36-jährige Politikwissenschaftlerin arbeitet im Innen- und im Agrarausschuss des EU-Parlaments, außerdem ist sie Vorsitzende des Frontex-Kontrollgremiums. Seit 2019 arbeitet sie im EU-Parlament – an dem Ort, wo sie zwischen 2009 und 2011 bereits für eine nordrhein-westfälische CDU-Abgeordnete als Mitarbeiterin tätig gewesen war.



Für Düpont ist die Idee der europäischen Einheit, wie sie betont, „eine der besten Ideen der Politik in den vergangenen Jahrzehnten“. Der starke Wille der Zusammenarbeit der EU-Mitgliedsstaaten sei spürbar. Dass ein Land, nämlich Ungarn, öfter von einer Linie abgewichen ist und zeitweise dann von Polen unterstützt wurde, sei ärgerlich. Aber man merke an diesem Beispiel eben, wie wichtig die Frage von Zuschüssen und der Finanzmittelverteilung sei, wenn man einen Zusammenhalt organisieren will. „Am Ende geht es wieder über das Geld.“ So hält sie es für richtig, betont Düpont, als Vorbedingung für die Gewährung von EU-Finanzhilfen die Akzeptanz der Grundwerte der EU zu verlangen – also die Gewaltenteilung, den politischen Pluralismus, die Freiheit der Medien und einen funktionierenden Rechtsstaat.

Düpont betrachtet die Angelegenheit auch aus einem historischen Blickwinkel: „Gegründet wurde die EU von Staaten, die ,nie wieder Krieg‘ als Leitmotto wählten und vor allem die militärischen Konflikte untereinander abstellen wollten. Daraus ist dann eine Wirtschaftsgemeinschaft geworden, angefangen von den klassischen Kriegsmaterialien Kohle und Stahl.“ Im Laufe der Zeit habe sich die naive Vorstellung verbreitet, die Demokratien würden sich überall dort, wo sie existieren, automatisch als die bessere und siegreiche Staatsform durchsetzen. „Das war ein Irrtum. Wir müssen jetzt feststellen: Demokratien können sich auch rückwärts entwickeln“, sagt die CDU-Politikerin.

Lena Düpont gehört seit 2019 dem Europäischen Parlament an. 2024 stellt sich die Gifhornerin zur Wiederwahl. | Foto: Lada

Wie soll sich die EU weiterentwickeln? Lena Düpont stellt fest, dass die russische Erzählung von einem „Regionalkonflikt“ oder einem „Bruderkrieg“ russischer Völker eben nicht stimme. Es gehe um Europa als Inbegriff von Modernität und Freiheit. Jüngst habe man das bei den Unruhen in Georgien gesehen, wo die Regierung nach massiven Protesten ihren Versuch zurücknehmen musste, die bürgerlichen Rechte einzuschränken. Nun sei die EU kein Verteidigungsbündnis, aber sie habe dennoch eine geopolitische Verantwortung, die weit über den freien Warenhandel in einem Wirtschaftsraum mit 420 Millionen Menschen hinausgehe.



So hält es die CDU-Politikerin auch für notwendig, dass man Georgien, Moldawien und der Ukraine den EU-Beitritt prinzipiell ermögliche. „Das heißt ja nicht, dass sie nächstes Jahr schon Mitglied der EU sind.“ Beeindruckend sei für sie, wie zielstrebig die Ukrainer mitten im Krieg an den rechtlichen Voraussetzungen für eine EU-Mitgliedschaft arbeiten, etwa auch mit Blick auf die Korruptionsbekämpfung. Wichtig sei dabei auch, die Balkan-Staaten in ihrem Beitrittsprozess nicht ins Hintertreffen geraten zu lassen. Parallel, sagt Düpont, müsse die EU selbst auch prüfen, ob sie noch schnell genug ihre Beschlüsse fassen könne im Dreieck zwischen EU-Parlament, EU-Kommission und dem Europäischen Rat als Vertretung der Mitgliedsstaaten.