Weniger Stau auf den Straßen: Ein Ziel, dass durch kollaborative Routenführung näherrücken könnte - Foto: Marco2811[/caption]
Schon am frühen Morgen setzen sich Fans in Freiburg oder auch München in die Autos, um nach Hannover zu fahren. Die Firma Graphmasters hatte damals die Aufgabe, das Verkehrschaos zu reduzieren. Das junge Unternehmen ist spezialisiert auf vernetztes Fahren und gibt Autofahrern eine individuelle Fahrempfehlung. Das renommierte Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat ausgerechnet: Wenn man ein Prozent der Autofahrer in einem Verkehrssystem vernetzt, gibt es bereits eine positive Auswirkung.
Im Fall des Eminem-Konzerts wurden Autofahrer zum Beispiel nach Absprache mit der Polizei sowie der Verkehrsmanagementzentrale nicht über den Messeschnellweg geschickt. Mit der Alternativroute konnte eine Kollision mit dem Berufsverkehr vermieden werden. Wer sich die App der Firma mit dem Namen „Nunav“ auf das Handy geladen hatte, kam früher und staufreier ans Ziel. „90 Prozent halten sich an das, was die Navigationsapp ihnen vorschlägt. Aber nur drei Prozent folgen den Empfehlungen der LED-Schilder am Straßenrand, erklärt Graphmasters-Sprecher Daniel Stolba.
Jeder Fahrer bekommt eine individuelle Route
Aber was unterscheidet das Navigationssystem des hannoverschen Unternehmens von anderen Geräten? Es setzt auf eine kollaborative Routenführung, das bedeutet, die Autos fahren vernetzt. Das klappe bisher nur im Modellversuch, heißt es von zahlreichen Konzernen. Das gehe schon heute im richtigen Straßenverkehr, sagen die Experten von Graphmasters und haben damit in den vergangenen zwei Jahren unter anderem bei einem Innovationsprojekt mit dem Land Niedersachsen und der Region Hannover weitere Erfahrungen gesammelt. Das kollaborative Fahren ist der Grundstein und das Patent der Firma. Die Erfinder gewannen schon vor einigen Jahren mehrere Preise, unter anderem den mit 100.000 US-Dollar dotierten Microsoft Imagine Cup, und gründeten 2013 das Unternehmen. Zu Beginn gab es sieben Mitarbeiter, inzwischen sind es rund 30, und es gibt neben dem Büro in Hannover weitere Dependancen in der Schweiz und Großbritannien.Möchten Sie den Inhalt von www.facebook.com laden?
Klassische Navigationssysteme schicken viele Nutzer auf denselben Weg - und wenn es schlecht läuft, entsteht für viele damit derselbe Stau. Die Nutzer bekommen dann alle dieselbe Ausweichempfehlung. Graphmasters gibt jedem Nutzer eine individuelle Route. „Dadurch entsteht ein Verteileffekt und man ist 30 Prozent schneller“, erklärt Alexander Meister. Das System nutzt bei der Berechnung die eingegeben Ziele der Fahrer, die die App des Unternehmens nutzen. Hinzu kommt die aktuelle Verkehrslage und eine Prognose auf Basis von Erfahrungen. Dabei werden auch Daten hinzugekauft, um ein breiteres Bild zu bekommen. „Es gibt einen permanenten Abgleich der Daten untereinander, um zu ermitteln, ob die Strecke noch passt“, erläutert Meister. Ziel sei es, Staus bereits zu erkennen, bevor sie überhaupt entstehen, um dann den Nutzer der Navigations-App eine individuelle Handlungsempfehlung zu geben.
Auch wenn Maschinen lernen, werden alle das gleiche lernen. Dann drohen autonome Fahrzeuge im Stau zu stehen wie ein Saugroboter, der sich unter dem Tisch festgefahren hat.
Wichtig ist für das Unternehmen auch die Zusammenarbeit mit den Behörden. Ende vergangenen Jahres gewann Graphmasters eine Ausschreibung des Landes und wird in den kommenden drei Jahren mit der Verkehrsmanagementzentrale zusammenarbeiten. „Dabei sind wir das Werkzeug der Zentrale, die mithilfe unseres Verkehrslagebildes die digitale Beschilderung vorausschauend anpassen kann“, sagt Meister. Außerdem geht es bei dem Projekt um digitale Verkehrssteuerung. Beim vernetzten Fahren seien die Landeshauptstadt und das Land Niedersachsen damit im bundesweiten Vergleich weit vorne, vielleicht sogar Weltspitze, ist man bei Graphmasters überzeugt. Andere Länder und Städte seien weit hinterher. Dort würden zwar Konzepte erarbeitet, wie man künftig Staus besser vermeiden könne, die Digitalisierung spiele dabei aber meistens überhaupt keine Rolle.


