
Schon heute hört fast die Hälfte der 14- bis 29-jährigen Radio über das Internet. DAB plus spielt bei der Nutzung in dieser Zielgruppe keine Rolle.
Rundblick: Die öffentlich-rechtlichen Sender sehen das Potenzial bei den UKW-Frequenzen dagegen ausgeschöpft.
Fischer: Gut ist zunächst, dass auch die ARD-Anstalten wie der NDR ganz klar sagen „Finger weg von UKW“. Da sitzen wir für alle Medienpolitiker wahrnehmbar in einem Boot. Mit Blick auf DAB plus befürchten wir, dass die ARD-Anstalten DAB plus zur Erweiterung ihres Portfolios mit neuen zusätzlichen Angeboten nutzen werden. Hinzu kommt, dass Programme des NDR in einigen Regionen über UKW gleich zwei-, drei- oder gar viermal gehört werden können – ein und dasselbe Programm also vier UKW-Frequenzen belegt. Wenn sich öffentlich-rechtliche Sender wie Deutschlandradio oder N-Joy also eine optimale landesweite Versorgung wünschen, können wir nur sagen: Im UKW-Netz ist dafür noch reichlich Platz. Wir stehen für eine Frequenz-Optimierung der ARD, die ja auch gewaltig Kosten sparen würde, gerne beratend zur Verfügung.
Rundblick: Aber wären mit DAB plus nicht noch mehr Sender möglich und damit eine größere Vielfalt im Hörfunkmarkt?
Fischer: Die große Vielfalt im niedersächsischen Hörfunkmarkt lässt sich mit DAB plus nicht wirtschaftlich vertretbar abbilden. In Niedersachsen senden 13 nicht kommerzielle Lokalrundfunkanbieter – sogenannte Bürgerradios, sechs private lokale beziehungsweise regionale Hörfunkprogramme und mit Antenne Niedersachsen, Radio ffn, Radio 21 und Klassikradio vier landesweit lizensierte private Hörfunkprogramme. Alle privaten Programmanbieter agieren selbstständig und wirtschaftlich unabhängig voneinander. Diese in Deutschland einmalige private Hörfunkvielfalt wird sich in der bisherigen Art und Weise in DAB plus weder technisch noch wirtschaftlich abbilden lassen. Darüber hinaus werden die landesweiten Hörfunkprogramme tagtäglich in großer Häufigkeit regionalisiert. Antenne Niedersachsen regionalisiert jeden Tag in zwölf Gebieten rund 50-mal am Tag. Bei Radio 21 sind es sogar 23 Gebiete. Diese lokale Nähe ist mit DAB plus technisch und wirtschaftlich so nicht ohne weiteres möglich. Wer für die Einführung von DAB plus plädiert ist gegen die private programmliche und regionale Vielfalt im niedersächsischen Hörfunkmarkt und der damit verbundenen großen Nähe zum Hörer.
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Rundblick: Rechnen Sie damit, dass sich die Technik trotz der beschriebenen Nachteile durchsetzen könnte? Fischer: Bestenfalls wird DAB plus ein kostenintensives Nischendasein führen mit einer Nutzung von unter 20 Prozent im Bundesdurchschnitt. Schon heute hört fast die Hälfte der 14- bis 29-jährigen Radio über das Internet. DAB plus spielt bei der Nutzung in dieser Zielgruppe keine Rolle. Deshalb ist es auch keine „Brücken-Technologie“, wie die öffentlich-rechtlichen Sender behaupten, sondern eine „Umweg-Technologie“. Eine auch angesichts der sehr guten UKW-Qualität und der starken Transformation der Hörer in die Nutzung von Radio über online unnötige und zudem sehr teure Umweg-Technologie, in die die privaten Veranstalter in Niedersachsen nicht investieren wollen und können.